Lästige Mitbringsel – Sexuell übertragbare Krankheiten

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Lästige Mitbringsel – Sexuell übertragbare Krankheiten

Mit dem Partner alles zu teilen ist romantisch. Auf gemeinsame Krankheitserreger können wir allerdings verzichten.

„Nicht alle Beschwerden, die nach dem Sex auftreten, sind Geschlechtskrankheiten“, stellt Gynäkologin Gabrielle Stöcker klar. Dennoch rät sie Frauen (und Männern) Juckreiz, ungewöhnlichen Ausfluss oder Schmerzen ärztlich abzuklären: „Bei Frauen wird das Infektionsrisiko dadurch erhöht, dass die Scheidenhaut keine Hornschicht besitzt. Diese ist verletzlicher“, so die pro familia-Mitarbeiterin. “Zudem liegt am Ende der Scheide der Gebärmutterhals mit seiner Öffnung zum inneren Genitalbereich und dem Bauchraum sehr nah. Das begünstigt das Aufsteigen von Krankheitserregern.“

Mögliche Symptome sexuell übertragbarer Krankheiten:

  • ungewöhnlicher Ausfluss aus Scheide oder Harnröhre,
  • Brennen oder Schmerzen beim Wasserlassen,
  • Zwischenblutungen,
  • Blutungen oder Schmerzen bei oder nach dem Sex,
  • Schmerzen im Unterbauch,
  • Warzen, Geschwüre oder Hautausschläge, nicht nur im Genitalbereich.

Manche Infektionen bleiben jedoch unbemerkt.

Kein Untreue-Alarm

Krankheitserreger machen vor keiner sozialen Schicht, Ethnie oder Religionszugehörigkeit halt. „Für Chlamydien und humane Papillomviren (HPV) gibt es eine gewisse Grundprävalenz in der Gesellschaft losgelöst von besonderen Risikogruppen“, erklärt Gabrielle Stöcker. „Eine Erkrankung beweist hier nicht zwangsläufig einen Seitensprung.“ Längere Inkubationszeiten und fehlende Beschwerden können den Zeitpunkt der Ansteckung verschleiern. Neugeborene können mit Erregern der Mutter infiziert sein. Weitere Ursachen: Schmierinfektionen, nacheinander benutztes Sexspielzeug oder kleinere (Schleimhaut-) Verletzungen außerhalb des Genitalbereichs. Herpesviren und Feigwarzen werden bereits über Haut und Hände übertragen.

Gib Gummi

„100-prozentigen Schutz gibt es nie“, so die pro familia-Beraterin, „Diaphragma und Portiokappe bieten nur geringe Sicherheit. Kondome für Männer und Frauen sind die zuverlässigsten Maßnahmen und sollten bei häufig wechselnden Geschlechtspartnern selbstverständlich sein.“ Beim Oralverkehr schützt ein Lecktuch (Kofferdam, Dental Dam). Dennoch können Erreger dort eindringen, wo ein Kondom nicht schützt, etwa an den Schamlippen und rund um den After. Einfache Hygienemaßnahmen können das Ansteckungsrisiko vermindern: Händewaschen mit Seife und Desinfizieren von Sexspielzeug, der Einsatz von Kondomen mit Beginn des Liebesspiels und neue Kondome beim Wechsel zwischen Anal-, Oral- und Vaginalverkehr.

Zur Intimpflege reicht es aus, den äußeren Genitalbereich mit Wasser und pH-neutraler Seife zu waschen. „Spülungen haben aus meiner Sicht in der Scheide nichts zu suchen“, meint Gabrielle Stöcker. „Das Gleichgewicht der Vaginalflora wird dadurch eher gestört. Übertriebene Hygiene kann Krankheitserregern Tür und Tor öffnen.“ Sie empfiehlt Vaginalbehandlungen und -kuren nur nach ärztlicher Abklärung.

Erwischt?

Die Frauenärztin weiß: “Menschen sind nicht immer vernünftig. Viele Frauen treibt die Sorge in die Praxis, wenn sie selbst ungeschützten Geschlechtsverkehr hatten oder diesen bei ihrem Partner vermuten. In der klassischen Praxis treten Gonorrhoe und Syphilis aber eher selten auf.“ Bakterielle Infektionen mit Chlamydien, Gonorrhoe (Tripper), Trichomonaden und Syphilis sind durch rechtzeitige Antibiotikabehandlung vollständig heilbar. Viruserkrankungen wie Herpes genitalis, HPV, Hepatitis und HIV können nicht geheilt, nur eingedämmt werden. Gegen bestimmte HPV-Viren kann geimpft werden. Unbehandelt können viele Geschlechtskrankheiten schwerwiegende Folgen haben: chronische Entzündungen der Geschlechtsorgane, Unfruchtbarkeit, ein höheres Krebsrisiko.

Von Selbstdiagnosen rät die Gynäkologin ab: „Man übersieht schnell etwas, was mit der richtigen Behandlung viel schneller abheilen würde. Auch falsche Scham ist zum eigenen Schutz und dem Schutz des Partners nicht angebracht.“ Sie bedauert die einseitige Betreuung: „Ich sehe selten beide Partner, obwohl das sehr sinnvoll wäre. Es sollten immer beide behandelt werden, eventuell sogar frühere Partner.“ Für die Dauer der Therapie beziehungsweise bis zur Abheilung gilt: kein Sex oder nur mit Kondom.

Vorsorgemaßnahmen der Krankenkassen*:

  • Krebsabstrich vom Gebärmutterhals: einmal jährlich ab 20, einschließlich Beratung zur Empfängnisregelung. Bei sexuell aktiven Mädchen ist der Abstrich auch vorher sinnvoll.
  • Chlamydien-Screening:einmal jährlich für Mädchen und Frauen bis 25.
  • Impfung gegen neun HPV-Typen:senkt das Risiko für genitale Feigwarzen und Krebsvorstufen an Gebärmutterhals, Vulva, Vagina und Penis sowie am Darmausgang. Empfohlen für Mädchen von 9 bis 14. Nicht geimpfte Mädchen können sich bis zum 18. Lebensjahr nachimpfen lassen.
  • Test auf HIV, Chlamydien und Syphilis: Bestandteil der Schwangerenvorsorge.

*Stand März 2017

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern