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Die Herdplatte ist noch heiß – schnell die Finger wegziehen. Was genau bei einem Schmerzreflex im Gehirn passiert, haben sich Mediziner der Technischen Universität München genauer angesehen und kommen zu einem überraschenden Ergebnis.

Fassen wir eine heiße Herdplatte an, ziehen wir reflexartig die Hand zurück, um uns nicht zu verbrennen. Dieser Schutzreflex ist ein sehr komplexes Zusammenspiel von Schmerzwahrnehmung und Reaktion. Der Schmerz setzt sich dabei im Gehirn aus mindestens drei Komponenten zusammen: der Wahrnehmung, der Handlung und der Reaktion des autonomen Nervensystems. Dieses Nervengeflecht steuert lebenswichtige Körperfunktionen wie Atmung und Herzschlag, und stellt die Energie für das Wegziehen der Finger bereit. Schmerzforscher gingen bisher davon aus, dass die Schmerzwahrnehmung und das Wegziehen der Hand hintereinander passieren. Aber das scheint falsch zu sein.

Komplexes Zusammenspiel

Das Team um den Schmerzforscher Prof. Dr. Markus Ploner von der Technischen Universität München (TUM) hat in einer Studie ein wichtiges Detail herausgefunden. Alles läuft gleichzeitig an: Wir fühlen den Schmerz, das Nervensystem reagiert und wir ziehen die Hand weg. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass die Wahrnehmung und der Handlungsimpuls im Gehirn unabhängig voneinander entstehen.

Ganzheitliche Schmerztherapie

Im ersten Moment klingt es abstrakt, aber von diesen Erkenntnissen können auch Patienten profitieren, die unter chronischen Schmerzen leiden. Professor Dr. Markus Ploner empfiehlt dann, für eine umfassende Therapie alle drei Elemente rund um den Schmerz im Auge zu behalten. Denn er geht davon aus: »Bei chronischen Schmerzpatienten sind möglicherweise alle drei Komponenten verändert: nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch die aktive Handlung gegen den Schmerz und die Energiebereitstellung des Nervensystems. Unsere Befunde«, sagt er, »sind ein biologisches Argument für eine Schmerztherapie, die den Schmerz ganzheitlich mit all seinen Komponenten umfasst.«

Eine ganzheitliche Schmerztherapie umfasst neben der medikamentösen Behandlung auch Psychotherapie und Physiotherapie. Der seelische Aspekt spielt für chronische Schmerzpatienten eine ebenso große Rolle wie der körperliche. Man spricht hier von der Multimodalen Schmerztherapie.

Professor Dr. Markus Ploner beschäftigt sich in seiner Forschung mit der Verarbeitung von Schmerz im Gehirn. Mithilfe seiner neuen Erkenntnisse möchte er die Diagnostik und die Therapie chronischer Schmerzen verbessern und neue Wege finden, Patienten dauerhaft zu helfen.

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – https://leserservice.sud-verlag.de