Aktiv in den Ruhestand

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Der Einstieg in die Rente stellt das Leben auf den Kopf. Wie, das entscheiden Sie selbst. Denn von der Schrebergartenpflege bis zur Weltreise: Jetzt ist Zeit genug für alles.

Wer sich dem Rentenalter nähert, kann mitsingen. Zum Beispiel den Party-Hit „Du kannst nicht immer 17 sein“ von Chris Roberts mit der vorausschauenden Liedzeile „Einmal, da wirst du 70 sein“. Oder: „60 Jahre und kein bisschen weise“ von Curd Jürgens und „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“ von Udo Jürgens. Viele Chansons, Schlager und Popsongs der 70er Jahre haben das Thema Älterwerden aufgegriffen. Die Beatles sogar noch früher: In „When I’m sixty-four“ sangen sie schon 1967 darüber, wie die Liebe bei schütterem Haar und schwächerem Augenlicht stark bleiben kann.

Pläne schmieden für die freie Zeit

Wer langsam, aber sicher auf die Rente zusteuert, tut gut daran, sich mit dem neuen Lebensabschnitt auseinanderzusetzen. Denn wer Ideen verweigert und Überlegungen vor sich herschiebt, wird nicht immer nur angenehm überrascht von der vielen Zeit, die von einem auf den anderen Tag da ist: nicht mehr aufstehen müssen, keinen festen Tagesrhythmus haben, nette und weniger nette Kollegen nicht mehr sehen. Sich selbst organisieren zu müssen, das will geübt sein. Deshalb gibt es Unternehmen, die ihren Mitarbeitern entsprechende Seminare anbieten, und in Volkshochschulen geht es per Bildungsurlaub „Aktiv im dritten Lebensalter“ zu.

Planlosigkeit kann frustrierend sein

Keiner muss gleich jeden Tag verplanen, aber planlos in die Rente zu gehen, kann frustrierend sein. Einfach die Beine hochlegen, das mag man vielleicht, wenn die Fitness nachlässt, aber bis dahin heißt die Phase inzwischen nicht umsonst „Unruhestand“. Reiselustige gehen länger und geruhsamer auf Tour, wenn es erst wieder möglich ist: Sechs Wochen statt zehn Tage nach Italien oder gar nach Japan, drei Monate dem Winter auf Gran Canaria aus dem Weg gehen, mit dem Wohnmobil durch Europa touren, das sind gute Einstiege in den neuen Lebensabschnitt.

Wer die Ferne nicht sucht, kann sich mit Programmen eindecken: Vorträge und Konzerte, geführte Wanderungen oder Radtouren, Spieleabende oder Stadtrundgänge. Seine Heimat- oder die benachbarte Großstadt einmal mit den Augen der Touristen zu sehen, ist ein besonderes Vergnügen. Vielleicht weckt es sogar den Wunsch umzuziehen – in eine altersgerechte Wohnung, die fußläufig Einkauf und den Besuch von Kulturevents erlaubt. Auch den eigenen Freundeskreis zu aktivieren, bringt neue Lebensfreude in den Alltag. Einen Lesezirkel oder einen Koch-Club zu gründen, dazu blieb im Arbeitsleben meist zu wenig Zeit. Jetzt können die Menüs viele Gänge haben und es kann ruhig spät werden, denn am nächsten Tag runden das Ausschlafen und ein spätes Frühstück den Genuss ab.

Auch wer mit weniger Stunden weiterarbeiten möchte, findet sich heute in guter Gesellschaft. 1,45 Millionen erwerbstätige Rentner gab es 2016, jeder zwölfte Senior verdient sich etwas zur Rente dazu. Das sind fünf Prozent mehr als noch 2000. Aber nicht nur das ergänzende Einkommen ist Grund für den Zuverdienst. Jeweils 90 Prozent haben Spaß an der Arbeit, suchen den Kontakt zu Menschen sowie eine sinnvolle Aufgabe, fand das IAB – Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2018 in einer Umfrage heraus.

Eine erfüllende Aufgabe suchen

Doch gerade Letzteres, die erfüllende Aufgabe, muss man nicht in der Jobverlängerung suchen. Ehrenamtliche Helfer sind gefragt: Vorlese-Omas und -Opas in Schulen, Gruppenleiter in Gemeinde, Bahnhofsmission und Sportverein, Schöffe bei Gericht und Aktiver im Stadtteilbüro oder bei Eine-Welt-Initiativen. Wer in der gewonnenen freien Zeit verstärkt gesellschaftlich aktiv werden will, findet sicher sein Betätigungsfeld. Manchmal im Internet. Sich die Online-Welt zu erobern, damit Informationen schnell greifbar sind oder der Kontakt zu Kindern und Enkeln auch übers Smartphone oder den Laptop gelingt, dafür bringen heute immer mehr Jungrentner schon Kenntnisse mit. Diese aufzufrischen – in einem Kurs oder bei dem geduldigen Enkel – das ist lohnenswert. 

Mehr Spaß als Stress

Doch die freie Zeit, die selbst bestimmt verbracht wird, ist nur die eine Seite des Seniorendaseins. Das Nachlassen der körperlichen Kraft ist die andere. Diesem Umstand ein paar Gedanken zu gewähren, wirkt auch entlastend. Der Ehrgeiz im Sport muss nicht auf Rekorde beim Marathon setzen. Eine Laufgruppe, die sich „nur noch“ für fünf Kilometer auf den Weg macht, bringt mehr Spaß als Stress. Auch neue Sportarten zu erlernen, kann man sich vornehmen – wie der Schichtarbeiter, der zunächst im Fitnessstudio seine Muskeln trainierte und dann im Kanuclub die Flüsse seiner Region erpaddelte. Neue Freunde fand er so auch. Je weiter das Alter fortschreitet, desto bedächtiger wird die Bewegung, aber das Vergnügen beim Wandern, Schwimmen, Spazierengehen bleibt – und sei es mit 90 Jahren in der Sitzgymnastik-Seniorengruppe. Denn dort trifft man Gleichgesinnte. „Forever young“ – dieser Traum der deutschen Pop-Band Alphaville wird sich nicht erfüllen. Aber der Angst vorm Altern kann jeder und jede aktiv begegnen – am besten frühzeitig.

Quelle: www.ratgebergesund.de

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