Gesunder Darm, gesunde Psyche

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Darmbakterien haben Einfluss auf das psychische Befinden. Über ein großes Nervengeflecht im Bauch kommunizieren sie mit dem Gehirn.

Unser sogenanntes Bauchhirn verfügt über ein eigenes Nervensystem aus 500 Millionen Nervenzellen. Über die sogenannte Darm-Hirn-Achse laufen wechselseitige, hochkomplexe Kommunikationsprozesse ab. Bauch und Kopf sind eng miteinander verknüpft. Mikrobiologe Dr. Reinhard Hauss bestätigt: »Eine Vielzahl an Studien zeigt, dass es einen Informationsaustausch zwischen beiden Organen gibt. Dabei fließt der wesentlich größere Teil vom Darm an das Hirn.« Der Naturwissenschaftler beschäftigt sich mit der Frage, welchen Einfluss die Bakterienflora des Darms auf unsere Psyche hat. Denn das Mikrobiom im Bauch sendet nicht nur Signale zu Verdauung, Hunger- und Durstempfinden, sondern auch Botenstoffe wie die »Glückshormone« Serotonin und Dopamin. »Sie regulieren unter anderem das Stressempfinden«, so der Experte, »beeinflussen unsere Gefühlslage und sorgen sowohl für inneren Antrieb als auch für Entspannung.«

Wie ein Fingerabdruck

»Das Mikrobiom ist in der Zusammensetzung und Anzahl der Bakterien bei jedem Menschen unterschiedlich«, erklärt der Mikrobiologe. »Das ist zum einen genetisch bedingt, zum anderen spielen Umwelteinflüsse und individuelle Lebensbedingungen eine Rolle.« Einseitige Ernährung, Genussgifte, Stress und Schlafmangel mögen die Glücksbakterien gar nicht. Auch chronische Erkrankungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Antibiotika können die Mikrobenbalance nachhaltig stören. Eine Darmfloraanalyse aus einem mikrobiologischen Labor gibt Auskunft über den individuellen Status.

Mikrobiom macht Laune

Gerät die Darmflora aus dem Gleichgewicht, gewinnen Bakterien mit negativem Effekt die Oberhand. »Und das hat Einfluss auf die Stimmungslage, das innere Gleichgewicht und die Stressresistenz«, sagt der Mikrobiologe. Forscher fanden heraus: Personen mit schweren Depressionen haben eine veränderte Mikrobiom-Zusammensetzung. Einzelne Bakterienarten im Darm scheinen vor Depressionen zu schützen, andere diese zu fördern. »Psychische Verstimmungen können mit einer unausgeglichenen Darmflora zusammenhängen«, meint auch Dr. Hauss. Nicht nur das: Eine veränderte Zusammensetzung und eingeschränkte Anzahl der Darmbakterien werden mit einer ganzen Reihe von Erkrankungen in Verbindung gebracht. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson und Angststörungen stehen hierbei im Fokus aktueller Forschungen.

Psychobiotika stimmen positiv

»Bestimmte Darmbakterien sind in der Lage, positiv wirkende Botenstoffe zu produzieren und deren Wirkungsgrad zu steigern. Wir nennen sie Psychobiotika«, sagt Dr. Hauss. »Klinische Studien zeigen, dass ausgewählte Darmbakterien dem Mikrobiom nutzen und das psychische Gleichgewicht positiv beeinflussen können. Je gesünder die Darmflora, desto höher die Stressresistenz.« Auch Hormone und bestimmte Fettsäuren, die bei der Verdauung von Ballaststoffen entstehen, scheinen die Psyche zu stärken.

Darmflora unterstützen

Dr. Hauss setzt für mehr Ausgeglichenheit auf eine gesunde Darmflora mit nützlichen Mikroorganismen. Allen voran stehen hier Milchsäure- und Bifidobakterien. Diese Mikroben können aus dem Darm heraus psychischen Druck regulieren und das Stressempfinden auf positive Weise beeinflussen. Das Gute daran: Die Zusammensetzung der Darmflora lässt sich nachweislich durch die Ernährungsweise verändern. Ausgewogen essen heißt, auch die psychische Gesundheit zu unterstützen. Studien bestätigen: Fast Food kann ein Risikofaktor für Depressionen sein. Viel Fett und viel Zucker beeinträchtigen sogar einzelne Gehirnfunktionen. Auch probiotische Produkte aus der Apotheke können das Gleichgewicht der Mikroorganismen wiederherstellen. »Eine gezielte Einnahme von ausgewählten Darmbakterien kann die Hirnaktivität beeinflussen, das innere Gleichgewicht stärken und psychische Leiden lindern«, sagt Dr. Hauss.

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – https://leserservice.sud-verlag.de

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