Mythen rund um den Schlaf

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Mythen rund um den Schlaf

 

Nachts gleiten wir in eine andere Welt. Weil wir unseren Schlaf nicht bewusst erleben, ranken sich viele Mythen darum.

von Saskia Fechte

 

Dr. Thorsten Bracher behandelt unter anderem Patienten mit Schlafstörungen. Der Chefarzt der Schlossparkklinik Dirmstein weiß, an welchen Volksweisheiten etwas dran ist.

 

Im Dunklen schläft sich’s besser.

Richtig. Die Bildung des „Schlafhormons“ Melatonin wird durch Licht gehemmt. Erst wenn wir Dunkelheit wahrnehmen, steigt die Produktion dieses Einschlafsignals, die Blutgefäße weiten sich und wir werden müde. Gibt es im Schlafzimmer nicht genug Verdunklungsmöglichkeiten, hilft eine Schlafbrille.

 

Der Schlaf vor Mitternacht ist der beste.

Falsch. „Dieser Mythos stammt aus der Zeit ohne elektrisches Licht“, erklärt Dr. Bracher. Da ging man früh ins Bett, wenn es dunkel wurde. Seitdem es Glühbirnen gibt, hat sich unser Tag-Nacht-Rhythmus geändert und wir können beruhigt später ins Bett gehen. Egal um welche Uhrzeit: In den ersten zwei bis vier Stunden schlafen wir besonders tief.

 

Das Ziel ist, die ganze Nacht tief und fest durchzuschlafen.

Falsch. Das widerspricht eigentlich unserem Schlafrhythmus. Es gibt verschiedene Schlafphasen: von der Einschlafphase über den leichten Schlaf bis zum Tiefschlaf sowie dem REM-Schlaf. Letzterer ist gleichzeitig die Phase, in der besonders emotionale Träume stattfinden. „Die Tiefschlaf- und die REM-Phase spielen eine wesentliche Rolle bei der Regeneration des Körpers, des Nervensystems und der Psyche. Insbesondere in der Traumphase werden Erlebnisse und Eindrücke verarbeitet sowie neue Informationen im Langzeitgedächtnis abgelegt. Deswegen ist guter Schlaf auch wichtig für das Lernen“, betont der Facharzt. Die einzelnen Schlafphasen ergeben zusammen einen Zyklus von 60 bis 90 Minuten. Die Schlafzyklen wiederholen sich mehrfach pro Nacht, so ist es völlig normal, mehrmals Phasen des leichten Schlafs zu durchlaufen. Und auch kurzzeitiges Aufwachen zwischen den Zyklen ist nicht ungewöhnlich.

 

Je länger ich schlafe, desto fitter bin ich.

Falsch. Die nächtliche Regenerationszeit ist für Körper und Geist lebenswichtig, aber: „Heute wissen wir, dass die Qualität des Schlafes weitaus entscheidender ist als die Dauer“, so Dr. Bracher. Die Schlafqualität beschreibt die individuelle Beurteilung von Schlafdauer, Einschlafzeit und Wachphasen sowie das Gefühl von Ausgeruhtsein nach dem Aufwachen. Ein regelmäßiger Tagesrhythmus, ein verbesserter Umgang mit Stress sowie Entspannungstechniken können die Schlafqualität verbessern. Ist die Schlafqualität subjektiv über längere Zeit beeinträchtigt, kann die Abklärung in einem sogenannten Schlaflabor sinnvoll sein.

 

Jeder sollte acht Stunden schlafen.

Falsch. Das Schlafbedürfnis ist eine individuelle Sache. Kinder brauchen bis zu zwölf Stunden Schlaf, den meisten Erwachsenen genügen sieben oder acht. Manche Menschen kommen mit nur fünf oder sechs Stunden prima zurecht.

 

Bei Einschlafproblemen lieber aufstehen.

Richtig. Klappt es trotz Schlafhygiene – ein abgedunkeltes ruhiges Zimmer mit etwa 18 Grad, eine gute Matratze, kein schwarzer Tee, Kaffee oder Alkohol sowie eine leichte Mahlzeit drei, vier Stunden zuvor – nicht mit dem Einschlafen, „bloß nicht stundenlang ruhelos im Bett hin und her wälzen“, empfiehlt Dr. Bracher. „Besser aufstehen, ein Buch lesen oder entspannende Musik hören und sich erst wieder hinlegen, wenn die Müdigkeit spürbar stärker wird.

 

Oft wirken auch Naturmittel wie Baldrian, Johanniskraut oder Melisse“, rät der Mediziner. „Der Apotheker hilft hier weiter.“

 

„Morgenmuffel“ haben Schlafstörungen.

Falsch. Menschen, denen es schwer fällt, morgens wach zu werden, befinden sich noch in der Tiefschlafphase, wenn der Wecker klingelt. „Bei ihnen sind innere Uhr und Biorhythmus nicht auf frühes Aufstehen programmiert. Deshalb haben sie Probleme aus dem Bett zu kommen“, so Dr. Bracher. Manchmal hilft es, den Wecker 15 Minuten früher oder später zu stellen, und so eine andere Schlafphase zu erwischen, in der das Wecken weniger schwer fällt.

 

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern