Bitter is beautiful

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Dass Bitterstoffe eine innerlich wohltuende Wirkung haben, wissen wir längst. Dass sie aber auch äußerlich viel Gutes für uns tun, gilt als neue Erkenntnis. Für unsere Haut ist bitter also das neue Süß.

Zu üppig gegessen? Darauf gibt’s einen Magenbitter. Bestenfalls in Form von Tee, Urtinktur oder einem Heilpflanzen-Elixier aus Mariendistel, Wermut oder Schafgarbe. Kräuter zur Verdauungsförderung gibt’s viele. Gelber Enzian und Tausendgüldenkraut gehören ebenfalls dazu. Letztere haben es inzwischen auch in die Hautpflege geschafft – eben dank ihrer Bitterstoffe. Aber was tun sie für unsere sensible Hülle?

Haut mag es herb 

Lange Zeit ging man davon aus, dass wir Bitterstoffe lediglich schmecken, allenfalls riechen können. Als Wissenschaftler*innen der Uniklinik Freiburg vor knapp zehn Jahren auch in der Haut sogenannte Bitter-Rezeptoren fanden, brachten sie einen Stein ins Rollen. Seitdem gibt es in der Naturkosmetik einen neuen Wirkstoff, der offenbar mehr kann, als die Haut nur von außen zu pflegen. Amarogentin zählt zu den bittersten Naturstoffen überhaupt. Es steckt zum Beispiel im Gelben Enzian und im Tausendgüldenkraut. Rezeptoren reagieren darauf, wie die Forschenden festgestellt haben, und lassen Calcium in alle Zellen der Epidermis, unserer obersten Hautschicht, strömen. Dadurch kommt der Stoffwechsel der Haut in Schwung. Denn prompt bilden sich Lipide und Proteine, die an der ganz natürlichen Rückfettung beteiligt sind. Trockene Haut wird somit angeregt, sich selbst zurück ins Gleichgewicht zu bringen. Für eine ganz bestimmte Patient*innen-Klientel sind Hautpflege-Produkte mit Bitterstoffen daher sicherlich ein Segen.

Starker Schutzmantel

Mehr als zwei Millionen Menschen leiden in Deutschland nämlich an Neurodermitis. Ebenso viele haben mit Schuppenflechte zu kämpfen. Und sogar jedes zehnte Kind hat eine dieser chronischen Hauterkrankungen. Was alle Betroffenen gemeinsam haben: Ihr natürlicher Schutzmantel hat Risse. Cremes und Lotionen mit Bitterstoffen können diese geschädigte Hautbarriere sozusagen von innen kitten, weil sie die Selbstheilungskräfte in Gang setzen und die erforderlichen Wundheilungsprozesse anstoßen sollen.

Wirkstoffen wie Amarogentin wird außerdem nachgesagt, dass sie unsere Keranozyten stimulieren; das sind Zellen, die kräftigendes Keratin bilden. So bleibt der Feuchtigkeitshaushalt stabil und unser größtes Organ, die Haut, ist besser vor äußeren Einflüssen geschützt – vor Keimen, Feinstaub, trockener Heizungsluft und UV-Strahlen. Auch bei Sonnenbrand und Insektenstichen sollen Bitterstoffe beruhigend wirken, den Juckreiz lindern und die Entzündung hemmen. Einst beanspruchte und barrieregeschädigte Haut, ob durch Ekzeme oder übertriebene Hygiene mit zu häufigem und heißem Duschen, darf dann wieder strahlen, und zwar von innen heraus.

Bittere „Blumen“

Der Einsatz von Bitterpflanzen in der Hautpflege ist noch ein recht junger Zweig. Erste Studien der Uniklinik Freiburg zeigen jedoch einen belebenden und entzündungshemmenden Effekt bei leichter Neurodermitis. Traditionell werden Gelber Enzian und Tausendgüldenkraut, also jene Arzneikräuter von höchstem Bitterwert, bei Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt. Bittermittel wirken innerlich nachweislich entkrampfend, kräftigend und ausgleichend – warum also nicht auch äußerlich?! Cremes kommen ohne Nebenwirkungen aus und sind eine tolle Alternative zu cortisonhaltigen Präparaten.

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

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