Erschöpfung ohne Ende

druckendruckenvorlesen vorlesen

Die COVID-19-Infektion ist überstanden, doch die Müdigkeit bleibt ein Dauerbegleiter: Chronische Erschöpfung gehört zu den möglichen Corona-Langzeitfolgen. 

Mal richtig ausschlafen, sich entspannen, eine Auszeit nehmen: Strategien, um bleierne Müdigkeit zu vertreiben, gibt es viele. Was den meisten ausgelaugten Zeitgenossen tatsächlich wieder auf die Beine hilft, bleibt bei Menschen mit Fatigue-Syndrom leider wirkungslos.

Zu müde für Alltägliches

Fatigue – der französische Begriff, der übersetzt Müdigkeit bedeutet, sagt schon viel über das zugrunde liegende Problem aus: Betroffene berichten über eine tiefe Erschöpfung, die sich mit üblichen Erholungsmaßnahmen partout nicht vertreiben lässt. Schwäche und Antriebslosigkeit sind oft so stark ausgeprägt, dass der Alltag nicht mehr bewältigt werden kann. Aufstehen und Zähneputzen werden zum Kraftakt, selbstverständliche Handgriffe so anstrengend wie ein Marathonlauf. Den Haushalt schmeißen, im Garten hantieren oder zur Arbeit gehen? Für viele Fatigue-Geplagte ist das unmöglich, und manch einer schafft es gar nicht mehr, das Bett zu verlassen. Fatigue tritt häufig in Zusammenhang mit schweren Erkrankungen auf, zum Beispiel bei Krebs, Multipler Sklerose oder Rheuma. Aber auch Virusinfektionen können anhaltende Erschöpfung hervorrufen. Oft folgt sie auf eine Erstinfektion mit dem Epstein-Barr-Virus, dem Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers. Zudem gehören Influenza- und Herpesviren zu den Auslösern.

Erst COVID-19, dann Fatigue

Seit gut einem Jahr ist ein weiterer Verdächtiger in den Fokus der Wissenschaft gerückt: das neuartige Coronavirus. Zahlreiche Patienten fühlen sich nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 noch lange schlapp, obwohl sie längst als genesen gelten. Bei vielen verschwinden die Beschwerden im Laufe von Wochen allmählich wieder, bei manchen bleiben sie. Hält die übermäßige Mattigkeit länger als sechs Monate an und kommen weitere Beschwerden wie Kopfweh, Muskelschmerzen und Konzentrationsstörungen hinzu, sprechen Mediziner von einem Chronischen Fatigue-Syndrom, kurz CFS. Die tückische Erkrankung ist auch als Myalgische Enzephalomyelitis (ME) bekannt. Deutschlandweit macht sie schätzungsweise 250.000 Menschen zu schaffen; Frauen und Männern, Alten, Jungen und sogar Kindern kann die übermäßige Müdigkeit die Lebensfreude rauben. Möglicherweise ist eine Fehlfunktion des Immunsystems die Ursache der Krankheit. 

Tückische Langzeitfolge

Dass CFS auch Langzeitfolge von COVID-19 sein kann, davon sind viele Wissenschaftler mittlerweile überzeugt. Manche Experten befürchten sogar, dass durch Corona bis zu 100.000 zusätzliche Menschen von chronischer Erschöpfung geplagt werden könnten. Ganz klar: Wer sich nach einer Corona-Infektion dauerhaft abgeschlagen und matt fühlt, sollte den Arzt aufsuchen. Das ist auch wichtig, um andere Ursachen der Beschwerden auszuschließen. An vielen Kliniken gibt es mittlerweile spezielle Post-COVID-Sprechstunden, an die sich Menschen mit Fatigue-Syndrom wenden können. 

Plus an Lebensqualität

Eine ursächliche CFS-Therapie gibt es bis dato nicht, doch die typischen Beschwerden können erfolgreich gelindert werden. Interdisziplinäre Behandlungskonzepte, bei denen Therapeuten unterschiedlicher Fachrichtungen zusammenarbeiten, zielen darauf ab, die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit Betroffener behutsam zu steigern – und so die Lebensqualität zu erhöhen. 

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – https://leserservice.sud-verlag.de

Bildnachweis: ©Anton Sokolov– stock.adobe.com