Heilen mit den Händen

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Ganzheitlich, sanft, vielfältig einsetzbar bei ­chronischen Schmerzen und diversen Krank­heiten – mit diesen Attributen trifft die Osteo­pathie den Zeit­geist. Kein Wunder, dass die ­alternative Behandlungsmethode boomt und immer mehr Menschen darauf schwören.

Sie ist eine eigenständige Form der Medizin und seit Jahren wächst die Gemeinschaft ihrer Anhänger*innen: Osteopathie will nicht nur an Symptomen herumdoktern, sondern den Ursachen von Krankheiten und Schmerzzuständen auf den Grund gehen und die Pein nach umfassender manueller Diagnostik nach­haltig lindern. Ganz ohne Therapie­geräte, Spritzen oder Operationen – ­ einzig mit den Händen – rücken Osteo­path*innen Beschwerden des Bewe­­gungsapparates, wie Rücken­schmerzen, Verspannungen oder He­xen­­schuss, zu Leibe, behandeln aber auch Kopfschmerzen, Verdau­ungs­­­pro­bleme, Menstruationsbeschwer­den, Schlafstörungen und, und, und …

Zufriedene Patientinnen und Patienten

Ein Konzept, das funktioniert: Mehr als 19 Millionen Menschen in Deutschland waren bereits – entweder selbst oder mit ihren Kindern – in osteopathischer Behandlung, hat eine aktuelle Forsa-Studie im Auftrag des Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) e. V. ans Tageslicht gebracht. Drei Viertel der Patient*innen zeigen sich mit dem Ergebnis der Behandlung zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Kein Wunder also, dass sich 83 Prozent erneut in die heilenden Hände begeben würden.   

Endlich schmerzfrei

Positive Erfahrungen hat auch Nora T. gemacht. „Eigentlich bin ich kein großer Fan von alternativer Medizin“, gibt die kaufmännische Angestellte offen zu. „Doch als meine Nackenverspannungen immer schlimmer wurden und ich den Kopf kaum noch drehen konnte, bin ich auf Anraten meines Hausarztes dann doch mal zur Osteopathin gegangen.“ Nicht schlecht staunte die 47-Jährige, als die Therapeutin ihren ganzen Körper abtastete, um nach Verspannungen, Blockaden oder anderen Auffälligkeiten zu fahnden und diese dann behutsam mit speziellen Handgriffen zu  lösen. „Schon nach zwei Behandlungen konnte ich meinen Kopf wieder besser bewegen und den Schmerzmittel-Verbrauch drastisch senken“, erinnert sich Nora.

Ganzheitlich betrachtet

Dass Beschwerden nicht zwangs­läufig dort auftauchen, wo ihr Ursprung liegt, ist aus osteopathischer Sicht schlüssig – schließlich geht der ganzheitliche Ansatz davon aus, dass alle Strukturen und Funktionen im menschlichen Organismus untrennbar miteinander verbunden sind und eine funktionelle Einheit bilden. ­Störungen wie Bewegungseinschränkungen in einem System können den gesamten Körper aus dem Gleich­gewicht bringen. Durchaus möglich beispielsweise, dass sich Knieprobleme oder Darmstörungen im Rücken bemerkbar machen oder Nackenschmerzen nach sich ziehen. Mithilfe unterschiedlicher Techniken, etwa sanfter Manipulation, Dehnungen und Massagen, mobilisieren Osteopath*innen die Selbstregulationskräfte des Körpers und helfen ihm so dabei, sich selbst zurück ins Lot zu bringen.

Bei ganz unterschiedlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann Osteopathie sinnvoll sein – mitunter als einzige medizinische Maßnahme, oft aber auch als sinnvolle Ergänzung anderer Therapien. Wer sich dafür entscheidet, sollte allerdings Zeit mitbringen, denn für gewöhnlich dauert eine Sitzung 30 bis 60 Minuten. Patientinnen und Patienten müssen dafür mit Kosten zwischen von 60 bis 150 Euro rechnen, zahlreiche Krankenkassen bezuschussen die Behandlung mittlerweile jedoch. Nachzufragen lohnt sich!

150 Jahre Osteopathie

Der amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still (1828–1917) gilt als Vater der Osteopathie. 1874 stellte er der Öffentlichkeit seine neue Form der Medizin vor und gründete 1892 ­in der Kleinstadt Kirksville im US-Bundesstaat Missouri die erste Ausbildungsstätte für Osteopathie. Seitdem wird die ganzheitliche Therapieform stetig weiterentwickelt. 

Kein Allheilmittel

Die Grenzen der Osteopathie liegen dort, wo die Selbstheilungskräfte nicht ausreichen, um den Körper zu kurieren. Das ist unter anderem bei akuten Infektionen, Verletzungen, Tumorerkrankungen und schweren psychischen Beeinträchtigungen der Fall. Diese Krankheitsbilder müssen fachärztlich behandelt werden.

Top oder Flop?  

In Deutschland ist die Osteopathie-Ausbildung nicht gesetzlich ­geregelt. Deshalb gilt: Augen und Ohren auf bei der Wahl der Therapeutin oder des Therapeuten. Laut VOD haben qualifizierte Osteopath*innen eine mindestens vier- bis fünfjährige Ausbildung oder ein Studium an ­einer Osteopathie- oder Hochschule absolviert und mit einer klinischen Prüfung abgeschlossen. Als Heilkunde darf Osteopathie hierzulande übrigens nur von Ärzt*innen und Heil­praktiker*innen unein­geschränkt ausgeübt werden.

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

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