Ins Reich der Träume
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Augen zu und tief entspannt abtauchen ins Schlummerland – wenn das nur so einfach wäre …
Schäfchenzählen war gestern. Über Generationen wurde dieser „Schlaftrick“ weitergegeben, sich weiße, wollige Weidetiere vor dem geistigen Auge vorzustellen, die hintereinander über Zäune springen. Erst eins, dann zwei, dann drei, … Angeblich sollte uns das monotone Gedankenspiel den Eintritt ins Schlummerland erleichtern. Aus einer Studie der Oxford University wissen wir jedoch: Das Gegenteil ist womöglich der Fall. Denn das Zählen erfordert Konzentration und hält uns eher wach, als dass es schläfrig macht.
Wir kennen durchaus bessere Methoden, die uns in Morpheus‘ Arme sinken lassen. Die 4-7-11-Technik etwa. Vier Sekunden durch die Nase einatmen, sieben Sekunden Luft anhalten und elf Sekunden durch den Mund ausatmen. Diese Übung – aus dem Yoga – soll helfen, den Herzschlag zu beruhigen, den Blutdruck zu senken und ein Gefühl innerer Ruhe auszulösen. Wer mit Zahlen nichts an der (Schlaf-)Mütze hat, kann es mit Fantasiereisen versuchen. Eine Vielzahl an Podcasts ist mittlerweile auf dem Markt, die geführte Meditationen anbieten und dabei imaginär ans Meer, in den Wald, über Blumenwiesen führen. Im Kopf entstehen Bilder, die das Gehirn von negativen Gedanken ablenken. So sind dem Reich der Träume Tür und Tor geöffnet …
6,2 Millionen Schlaflose
Stress im Alltag, seelische Belastungen und Ängste sind die Schlafräuber Nummer eins. Sie setzen Grübelspiralen in Gang, die uns stundenlang kein Auge zumachen lassen. Wie wichtig erholsamer Schlaf jedoch ist, spüren wir schnell am eigenen Leib und Gemüt. Nach nur einer einzigen durchwachten Nacht schleppen wir uns müde, lustlos und unkonzentriert durch den nächsten Tag und haben nur diesen einen Wunsch: Ab ins Bett. Hält der Schlafmangel über einen längeren Zeitraum an, wird die Sache richtig ernst. Herz-Kreislauf-Probleme drohen, Gewichtszunahme, Diabetes und Depressionen, um nur einige der Folgen zu nennen. Laut Krankenkassendaten sind es 6,2 Millionen Menschen – also sieben Prozent der Gesamtbevölkerung –, die regelmäßig mit mehr als drei durchwachten Nächten pro Woche unter chronischen Schlafstörungen leiden. Insomnie ist also keine Lappalie, sondern verheerend für Körper, Geist und Seele.
Schlaf ist kein Luxus
Kraftquelle, Gedächtnisbooster, Seelenpuffer – Schlaf ist alles davon und darf daher kein unleistbarer Luxus sein. Vielmehr gilt er als elementar wichtig für unsere Gesundheit und hat mit Faulheit nichts zu tun. Dass wir nämlich bloß untätig unter der Decke liegen, ist nur ein äußerer Schein. In Wirklichkeit nutzt der Körper die nächtliche Ruhephase von circa sieben bis neun Stunden für ein intensives Großreinemachen. Während wir friedlich schlummern, laufen innere Reinigungsprozesse auf Hochtouren. Unser Immunsystem leistet Schwerstarbeit, schickt mögliche Krankheitserreger ins Bockshorn, damit wir erholt wach werden, um gesund und vital in den Tag zu starten. Auch das Gehirn macht ordentlich klar Schiff. Stoffwechselendprodukte werden ausgespült, Erinnerungen sortiert und Verknüpfungen zwischen Nervenzellen repariert. Passiert das nicht, weil Kopf und Körper keine Ruhe finden, sammeln sich sogenannte Beta-Amyloid-Proteine an. Diese stehen unter Verdacht, auf lange Sicht Demenz auszulösen.
Ruhestifter gesucht
Zur Ärztin oder zum Arzt gehen und sich Schlaftabletten verschreiben lassen? Nur im Ernstfall, wenn die Ein- und Durchschlafprobleme länger anhalten und an andere körperliche oder seelische Symptome gekoppelt sind, können starke Beruhigungsmittel, sogenannte Benzodiazepine oder Z-Substanzen, eine vorübergehende Notlösung sein. Grundsätzlich gilt, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Bei leichten Schlafstörungen und gelegentlichen nächtlichen Grübelattacken kann die Natur Ihre Ruhestifterin sein. Wir haben hier eine kleine Auswahl an Traumkräutern für Sie.
Beruhigender Baldrian
Für alle, die nicht einschlafen können, weil sie an morgen denken: Baldrian beeinflusst Schaltstellen im Gehirn, die den Schlafrhythmus steuern. Seine Wurzelextrakte wirken daher beruhigend auf das Nervensystem, machen aber nicht müde. Hochkonzentrierte Präparate aus der Apotheke sollen die Einschlafdauer am Abend verkürzen. In niedriger Dosierung – für den Tag – können sie die Konzentration fördern.
Lavendel löst Ängste
Viele Studien bestätigen: Lavendelduft sorgt für innere Ruhe. Über die Nase nehmen wir die ätherischen Öle auf, die im Gehirn ihre entspannende und schlaffördernde Wirkung entfalten. Wie Forscher*innen festgestellt haben, kann Linalool, der Hauptinhaltsstoff, sogar Ängste lösen und beim Stressabbau helfen. Lavendelöl-Kapseln sind die meist verkauften pflanzlichen Beruhigungs-Präparate in der Apotheke.
Himmlischer Hopfen
Herrlich herb: Hopfen regt das Schlafhormon Melatonin an und hat daher eine ruhestiftende Wirkung. Besonders effektiv ist die Kombination mit Baldrian und Melisse.
Paradiesische Passionsblume
Wenn Stress schlaflos macht, ist Passionsblume die ideale Arzneipflanze. Mit ihren Inhaltsstoffen regt sie einen ganz bestimmten Botenstoff im Gehirn an: Gamma-Amino-Buttersäure, kurz GABA, dämpft nervliche Anspannung und beruhigt bei Ängsten. Passionsblumen-Extrakte sind sogar in der Lage, den stimmungsaufhellenden Effekt von Johanniskraut um ein Vielfaches zu verstärken. Sie verbessern also indirekt den Schlaf in der Nacht und erleichtern den Umgang mit Herausforderungen am Tag.
Melisse fürs Gemüt
„Herztrost“ nannte man die Pflanze im Mittelalter – zu Recht. Wenn Kummer und Sorgen wachhalten, gilt Melisse bis heute als sanftes Schlummerkraut, das die Nerven beruhigt, das Herz stärkt und die Stimmung erhellt.
Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de
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