Keine Angst vor KI
drucken vorlesenVon Weltverbesserer bis Jobkiller: ChatGPT und Co. wird vieles nachgesagt. Tatsächlich sind sie heute bereits eine Bereicherung unseres Alltags – oft ohne, dass wir uns dessen bewusst wären …
Siri, wie komme ich am schnellsten vom Hauptbahnhof in die City? Alexa, weck mich morgen um 6:30 Uhr! Hallo Google, wann hat Deutschland zuletzt die Fußball-EM gewonnen? ChatGPT, schreib mir eine Rede zu Onkel Werners 80. Geburtstag … Unsere kleinen persönlichen Alltags-Assistenzen machen vieles leichter: Vom bequemen „Licht an“, ohne vom Sofa aufzustehen, bis zum Hinweis unseres smarten Kühlschranks, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum der Hafermilch morgen abläuft. Die Kühlschrank-Kamera scannt dazu das MHD und schickt uns über die zugehörige App eine Nachricht aufs Smartphone. Das uns wiederum bei der Terminplanung unterstützt, aus unseren miesesten Foto-Gurken perfekte Pics zaubert und als Echtzeit-Navi fungiert: KI macht’s möglich!
Das clevere Routing durchs Straßendickicht funktioniert übrigens nicht nur zu Fuß und für unseren Pkw: Dank „Artificial Intelligence“, kurz AI, kurven allein in San Francisco bereits 250 Robo-Taxis herum, auch in Las Vegas ist ein Trip im selbstfahrenden Auto längst Wirklichkeit. Hierzulande bringen zahlreiche E-Buslinien von Hamburg bis München Menschen in autonomen Fahrzeugen von A nach B.
Gesellschaft in Gefahr
Natürlich hat solche Technologie neben hilfreichen Effekten auch unleugbare Schattenseiten. Mangelnder Datensicherheit, Manipulation von Informationen, sinkender Privatsphäre sowie Diskriminierung lässt sich nur mit klaren Richtlinien zum Einsatz der künstlichen Intelligenz Einhalt gebieten. Die gute Nachricht: Hierzu verabschiedete das EU-Parlament im März 2024 ein umfangreiches KI-Gesetz. Sogenannte „Deepfakes“ – täuschend echt wirkende, aber künstlich erstellte oder veränderte Foto-, Video- oder Sprachaufzeichnungen realer oder virtuell generierter Personen –, zu illegalen Zwecken wie dem „Enkel-Trick“ eingesetzt, wird wohl auch das nicht stoppen. Schließlich finden Kriminelle immer neue Wege.
Andererseits bietet KI auch umfangreiche Möglichkeiten, um Verbrecher*innen das Handwerk zu legen. So kann etwa „Face Recognition“ mithilfe biometrischer Daten dabei helfen, untergetauchte Straftäter*innen ausfindig zu machen. Die Analyse von Daten- und Bildmaterial per Algorithmus ist ebenfalls möglich und kann die von Personalmangel geplagte Polizei unterstützen.
Doch apropos Personal: Viele Menschen treibt die Sorge um, dass durch künstliche Intelligenz sehr bald zahlreiche Beschäftigte ihre Arbeitsstelle verlieren, vor allem am Schreibtisch Tätige. Laut einer im April 2024 veröffentlichten Umfrage von YouGov im Auftrag des Technologieunternehmens Slack verspüren 28 Prozent der Büroangestellten Ängste, durch die neue Technik bald ohne Job dazustehen. Immerhin 62 Prozent der Befragten hatten diesbezüglich jedoch keine Bedenken. Verändern wird sich unsere Arbeitswelt durch den Einfluss von KI auf jeden Fall: Für Berufstätige gilt daher mehr denn je, sich an neue Arbeitsbedingungen und Technologien anzupassen. Und neben den eigenen Hard auch Soft Skills wie emotionale Intelligenz und kreatives Denken zu verbessern – also Kompetenzen, die sich nur schwer automatisieren lassen.
Gesund auf intelligente Art
In vielen Arbeitsgebieten ist der Blick auf KI vielmehr hoffnungsvoll als besorgt, etwa im medizinisch-pflegerischen Bereich. Denn neben organisatorischen und analytischen Aufgaben erleichtert intelligente Robotik die Pflegedokumentation und kann zudem Arbeiten erledigen, die viel Zeit in Anspruch nehmen: etwa Spritzen automatisiert aufziehen, Arzneimittel fehlerlos bereitstellen und den Medikationsplan überwachen.
Auch in der Diagnostik und Therapie ist die moderne Technik nicht mehr wegzudenken. Ständig erreicht die Wissenschaft dank Deep-Learning-Algorithmen neue Meilensteine. Die Möglichkeiten sind enorm – und wir alle profitieren.
Künstlich und natürlich nützlich
KI nutzt aber nicht nur uns Menschen. Auch für die Natur kommt sie zum Einsatz, etwa um Wilderei zu bekämpfen. KI-überwachte Kameras helfen beispielsweise im Naturschutzgebiet Grumeti in Tansania dabei, illegale Aktivitäten in Echtzeit aufzudecken. Das System analysiert die Videostreams und erkennt Menschen, Fahrzeuge und Tiere. Im Verdachtsfall, etwa wenn sich Personen unerlaubt in dem Gebiet aufhalten, erhalten die lokalen Ranger eine Warn-SMS.
In der Landwirtschaft kann KI Ernteerträge verbessern und für eine schonendere Anwendung von Chemikalien sorgen. Roboter, die Unkraut von Nutzpflanzen unterscheiden, ermöglichen gezieltes „Spritzen“, sodass 90 Prozent der Pflanzenschutzmittel eingespart werden können.
Auch die genaue Berechnung und Vorhersage von Naturkatastrophen ist durch KI möglich, ebenso die Simulation von Erdbeben, Hochwasser und anderen Notfällen. Dies ermöglicht unseren Städten und Gemeinden eine bessere Vorbereitung auf solches Unheil und damit eine schnellere Reaktion im Fall des Falles. Leben retten per KI ist also keine Zukunftsvision mehr – sondern Realität.
Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de
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