Rentnerpaar sieht Sonnenuntergang an.

Neuer Lebensabschnitt: Herausforderung Rente

druckendruckenvorlesen vorlesen

Meist geht der Mann zuerst in Rente. Und während er sich auf das süße Nichtstun freut, ist die Partnerin oft noch voll im Arbeitsleben eingespannt oder hat als Hausfrau längst ihren eigenen Rhythmus gefunden. Aber plötzlich ist da jemand, der mitreden will – bei der Essensplanung, beim Einkaufen, ja sogar beim Abwasch. Und der Alltag, über Jahrzehnte gut strukturiert mit klar aufgeteilten Verantwortlichkeiten, wird gehörig durcheinandergewirbelt. Wenn der frischgebackene Ruheständler dann auch noch anfängt, Klei­nigkeiten wie das Ordnungssystem in der Küche zu »optimieren«, liegt der Ehe­streit nicht fern.

So weit muss es natürlich nicht kommen, tatsächlich aber fühlen sich viele Frauen in ihrer gewachsenen Alltagswelt gestört. »Jetzt will er plötzlich alles mitent­scheiden, dabei hat ihn das doch früher auch herzlich wenig interessiert«, heißt es dann. Männer hingegen erleben häu­fig einen Bruch mit ihrer bisherigen Rolle: keine »richtige« Aufgabe mehr, kein Status, keine Anerkennung. Das kratzt am Selbstwert. Die Rente wird da schnell zu einer Art Brennglas. Sie zeigt, ob die Beziehung tragfähig ist oder sich über Jahre unbemerkt auseinanderentwickelt hat. Konflikte, die lange unter der Oberfläche schlummerten, können nun offen zutage treten.

Ein häufiger Fehler: Das Paar redet nicht – oder tut das erst, wenn der Haussegen schon schief hängt. Doch wer frühzeitig Erwartungen klärt und Pro­bleme anspricht, kann vorbeugen und Missverständnisse verhindern. Eine andere »Rentenfalle« ist, wenn der Partner das Gefühl bekommt, zu Hause überflüssig zu sein. Gerade Männer brauchen im neuen Lebensabschnitt eine Aufgabe – und vor allem Wertschätzung. 

Wer sich bereits vor dem Ruhestand Ge­danken macht, wie die kommenden Jahre sinnvoll gefüllt werden sollen, ist klar im Vorteil. Idealerweise beginnen Paare schon einige Jahre vor dem Renteneintritt mit der gemeinsamen Planung. Was erwarte ich vom Ruhestand? Mehr gemeinsame Zeit oder lieber Raum für eigene Projekte? Welche Lebensbereiche könnten neu gestaltet werden? Was bleibt, was verändert sich? 

  • Eigene Interessen pflegen: Ob Ka­nu fahren, im Chor singen oder eine ehrenamtliche Aufgabe übernehmen – wer sich selbst beschäftigt, hat mehr zu erzählen und weniger Langeweile.
  • Gemeinsame Projekte starten: Der lange aufgeschobene Kochkurs, ein Gartenprojekt oder Reisen im Cam­per – all das kann zusammenschweißen.
  • Klare Strukturen schaffen: Von früh bis spät vor sich hinzudümpeln, för­dert Konflikte. Ein fester Tagesrhyth­mus sorgt für Stabilität.
  • Reden, lachen, verzeihen: Nicht je­der Tag wird harmonisch sein, aber Humor und Nachsicht helfen, kleine Krisen schnell zu entschärfen.

Der Eintritt in die Rente ist ein Wendepunkt. Und wie bei jedem neuen Lebens­abschnitt gilt: Sie können daran wachsen, als einzelne Person und als Paar. Wer bereit ist, zuzuhören, sich selbst zu hinterfragen und offen zu bleiben, erlebt diese Zeit häufig als große Chance. Viel­leicht entdecken Sie sich und Ihren Part­ner ja noch einmal ganz neu. Und erleben gemeinsam, was Udo Jürgens vor Jahren besang: »Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an, mit 66 Jahren, da hat man Spaß daran!«  

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

Bildnachweis: ©Ирина Батюк – stock.adobe.com