Panik vor dem Piks?

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Es ist doch nur ein kleiner Piks – zwecks Blutabnahme oder Impfung. Ein kaum spürbarer Schmerz, der im nächsten Augenblick schon vergessen ist. So einfach sieht die Sache für Betroffene einer Spritzenphobie bei Wei­­tem nicht aus. Sie überkommt ein ex­trem beklemmendes Gefühl, ihr Herz rast, die Hände zittern und schwitzen. In manchen Fällen versagt sogar der Kreislauf und ein Ohnmachtsanfall droht. Wer derart Panik vor der Spritze beim Arzt hat, leidet mit hoher Wahrscheinlichkeit unter einer Spritzenphobie.

Fachlich nennt man sie »Trypanophobie«. Dieser Begriff ist griechisch und bedeutet so viel wie »Furcht vor dem Bohrer«. Darunter verstehen wir die phobische Angst vor einer Injektion und generell vor Spritzen und Nadeln. Etwa drei Prozent der Deutschen sind davon betroffen. Dies ist jedoch nur ein Schätzwert, die Dunkelziffer kann durchaus höher liegen. Denn wer spricht schon offen darüber?

Häufig ist die Scham groß, denn auf der reinen Verstandesebene ist Betroffenen bewusst, dass von der Injektionsnadel keine echte Gefahr ausgeht. Wie bei anderen Phobien auch handelt es sich hier um eine irrationale Angst. Wir wissen also nicht genau, woher das Problem rührt. Die Ursache kann genetisch sein, manche Experten vermuten sogar, die Evolution spiele eine Rolle. Schließlich ist tief in unserem Gehirn verankert, dass Verletzungen – etwa durch spitze Gegenstände – lebensbedrohlich sein können. An sich ein sinnvoller Gedanke, in Bezug auf Spritzen beim Arzt jedoch fatal.

Typisch bei einer Phobie ist, dass wir der angstbehafteten Situation unbedingt aus dem Weg gehen wollen. Psychologen sprechen von Vermeidungsverhalten. Wer unter einer Phobie vor Injektionsnadeln und Spritzen leidet, scheut daher den Weg in eine ärztliche Praxis. Vor lauter Angst lassen sich viele Spritzenphobiker jahrelang weder untersuchen noch behandeln – trotz Schmerzen –, und riskieren somit Erkrankungen, die durchaus abwendbar sind.

In ausgeprägten Fällen fürchten die Patientinnen und Patienten, durch die Spritze verletzt zu wer­den, zum Beispiel am Knochen. Allein der Anblick der aufgezogenen Nadel und schlimmer noch das Blut, das ins Röhrchen fließt, versetzt sie in Panik. Hilfreich ist in jedem Fall – ob bei einer leichten oder schweren Trypanophobie – das ehrliche Gespräch darüber. Vertrauen Sie sich Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin an, wenn die Kanüle für Sie der blanke Horror ist. Fachkräfte, die die Spritze setzen, sind darin geschult, die Sache ernst zu nehmen, und gehen behutsam damit um.

Wer sich partout nicht piksen lassen will, der sollte über eine Psychotherapie nach­denken. In Einzelsitzungen klärt Sie der Therapeut über die Phobie auf, zeigt Ihnen Bilder von Spritzen, so­dass Sie auf langsamem Weg Ihre tief sitzenden Ängste verlieren. Eine solche Konfronta­tionstherapie, wie man sagt, hat meistens Erfolg – und befähigt Sie hinterher, Ihre wichtigen Vorsorge- und Unter­suchungstermine wahrzunehmen – Ihrer Gesundheit zuliebe. 

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

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