
Schreib mal wieder


Stift und Notizblock – die besten Handgeräte, um Ihr Gehirn auf Trab zu halten.
Im Alltag schreiben wir heute kaum noch per Hand. Höchstens mal eine Geburtstagskarte oder den Einkaufszettel. Stattdessen tippen wir auf der Tastatur oder drücken auf Bildschirme von Smartphone und Tablet. Selbst die Generation 65-plus nutzt inzwischen gerne mal die automatische Texterkennung. Unsere moderne Welt macht’s möglich, dass Schreiben so einfach geworden ist – und so flüchtig. Denn was uns verloren geht, wenn wir auf Füllfederhalter und Briefblock verzichten, beschäftigt sogar die Neurowissenschaft.
Hoch lebe die Handschrift
Handschriftlich verfasste Briefe und Postkarten aus dem Urlaub erscheinen uns mittlerweile wie Relikte aus längst vergangener Zeit. Dabei haftet am eigenhändig geschriebenen Wort viel mehr als pure Nostalgie. Wie aus einer norwegischen Studie hervorgeht, spiegelt sich diese Fingerübung im Gehirn wider. Sie hinterlässt tiefe Gedächtnisspuren und löst weitere Verknüpfungen aus. Beim Schreiben mit der eigenen Hand bilden sich also neue Synapsen – deutlich mehr als beim reinen Tippen auf Tasten. Das ist der Grund, warum wir uns Inhalte besser merken können, wenn wir sie händisch notiert haben. Dieser Lernerfolg lässt sich sogar beweisen.
Das Gehirn schreibt mit
Mithilfe von EEG-Geräten nahmen Wissenschaftler die Gehirnaktivität auf, als sie ihre Testpersonen vorgegebene Wörter schreiben ließen. Die einen hatten einen Stift in der Hand, andere bedienten eine gängige Tastatur, manche berührten bloß einen Touchscreen. Das Ergebnis ist erhellend: Sage und schreibe zwölf Hirnareale waren bei den Handschreibern aktiv. Die Gehirnkonnektivität war also deutlich ausgefeilter als bei den Vergleichsgruppen.
Offenbar vernetzen sich die Schaltzentren, die fürs Sehen und Erkennen, für Sprache und Bewegung zuständig sind, wenn wir die Buchstaben feinmotorisch mit den Fingern formen. Während wir präzise Striche und Punkte zeichnen, schreibt das Gehirn sozusagen mit. Es begreift dabei die Bedeutung der Wörter, lässt Bilder im Kopf entstehen und würzt die Information mit Emotionen. Eine hochkomplexe Leistung also, die beim bloßen Berühren von Tasten und Bildschirmen gar nicht erst ausgelöst wird. Grob auf Knöpfe zu klopfen, stimuliert das Gehirn wesentlich weniger und erzeugt daher kaum intensive Erinnerungen. Ganz im Gegensatz zur Handschrift, die sich aus neurowissenschaftlicher Sicht als ideales Gedächtnistraining eignet.
Gedächtnisstütze
Ein wichtiger Termin, eine schöne Geschenkidee oder ein dringendes Vorhaben. Schreiben Sie auf, was Sie im Kopf behalten möchten. Eine bessere Gedächtnisstütze als einen solchen Merkzettel gibt es nicht. Auf diese Weise entstehen übrigens To-do-Listen, die aus der eigenen Feder wesentlich besser funktionieren als die Memo-App im Mobiltelefon. Es gibt noch etliche Anlässe mehr, die dazu anregen, mal wieder den Füller zu zücken und gleichzeitig Großes zu bewirken: Tagebuch schreiben zum Beispiel und dabei Erlebnisse verarbeiten, motivierende Zitate in Schönschrift vermerken, um sich selbst Mut zu machen, oder der Klassiker: einen Liebesbrief verfassen und das Herz sprechen lassen. Das Hirn wird sich immer daran erinnern.
Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de
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