
Wer hat an der Uhr gedreht?


Eine Stunde, die unser Leben verändert. Die Umstellung auf Sommerzeit bringt viel Licht, aber auch Schatten. So gelingt Ihnen der Wechsel.
Stichtag 30. März: Mitten in der Nacht überspringt der Zeiger eine ganze Stunde. Statt 2 Uhr ist es urplötzlich schon 3 Uhr morgens. Von jetzt auf gleich ist die Sommerzeit eingeläutet. Was der Funkwecker ganz automatisch innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde erledigt, ist für unsere innere Uhr echte Schwerstarbeit.
Anpassung braucht Zeit
Dass es nun – dank der Zeitumstellung – schlagartig abends länger hell ist, freut viele zunächst. Sie empfinden dies als willkommenes Startsignal in den Frühling. Doch diese Begeisterung hat ihren Preis und kostet uns eine wertvolle Stunde Schlaf. Die Quittung für den schnellen Wechsel bekommen zahlreiche Menschen spätestens am Montagmorgen zu spüren: Müde und missmutig starten sie in die Woche. Das Gefühl, eine Art Mini-Jetlag mit sich zu schleppen, geht leider selten so schnell vorbei, wie es gekommen ist. Chronobiolog*innen sind davon überzeugt: Unser Biorhythmus reagiert nicht auf Knopfdruck. Der Organismus braucht eine Weile, um sich dem veränderten Tag-Nacht-Rhythmus anzupassen.
Tag und Nacht im Biorhythmus
Normalerweise stellen wir uns von ganz allein auf die natürlichen, jahreszeitlich bedingten Verschiebungen des Sonnenaufgangs ein. Der Körper schwingt mit, wenn der Frühling naht und es mit jedem Tag ein paar Minuten eher hell wird. In kleinen Schritten kann unser biologischer Rhythmus gut mithalten. Die abrupt geklaute Stunde allerdings bereitet ihm größere Probleme und bringt unsere innere Uhr aus dem Takt.
Woran das liegt? Auch daran, dass sich mit der Zeitumstellung die Lichtverhältnisse ruckartig ändern. Und die wiederum haben Einfluss auf die Ausschüttung bestimmter Hormone, etwa des Schlafhormons Melatonin und des „Glücklichmachers“ Serotonin. Wirbelt die Zeitumstellung den Hormonhaushalt durcheinander, leidet womöglich der erholsame Nachtschlaf darunter und die Tagesmüdigkeit schlägt um sich. Die Konzentration schwindet, das Reaktionsvermögen lässt zu wünschen übrig und die Stimmung sinkt in den Keller.
Stundenklau mit Folgen
Statistisch gesehen steigt die Zahl der Verkehrsunfälle in der Woche nach der Zeitumstellung deutlich an. Auch die Arztpraxen sind in den ersten Tagen danach signifikant voller als sonst. Und nicht nur das: Eine Stockholmer Studie zeigt, dass das Herzinfarktrisiko vor allem bei vorbelasteten Personen erhöht ist, wenn jüngst an der Uhr gedreht wurde. Diese eine geraubte Stunde Schlaf belastet uns also möglicherweise nicht bloß ein paar Tage, sie kann schlimmstenfalls sogar lebensverändernde Folgen haben.
Das Leid der „Eulen“
Expert*innen haben übrigens beobachtet, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, die besonders hart mit der Umstellung auf die Sommerzeit zu kämpfen haben – und zwar die extremen Eulen. Diese nachtaktiven Zeitgenoss*innen, die rund 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sind abends topfit, gehen spät ins Bett und kommen morgens nur schwer aus den Federn. Genetisch bedingt haben die Langschläfer*innen eine biologische Uhr, die vollkommen anders tickt als die der Frühaufsteher*innen. Sogenannte Lerchen folgen einem inneren Rhythmus, der sie mit den Hühnern aufwachen lässt. Hingegen findet manch eine Eule erst wieder ins Gleichgewicht, wenn im Herbst die fehlende Stunde zurückkommt und wir auf Normalzeit, umgangssprachlich Winterzeit genannt, umstellen.
Dass ein lang anhaltendes Schlafdefizit negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann, ist längst bewiesen. Eine geschwächte Immunabwehr, Gewichtszunahme, nachlassende Stressresistenz, Depressionen und Co. sind jedoch vermeidbar, wenn wir lernen, mit der Umstellung auf Sommerzeit besser umzugehen.
Frischer aus den Federn
Statt auf den Dreh am Zeiger zu reagieren, wenn er bereits stattgefunden hat, können wir uns gezielt darauf vorbereiten. Einfacher Trick: Bereits einige Tage vor der Zeitumstellung früher ins Bett gehen und auch die Mahlzeiten schrittweise nach vorne schieben. Fette und schwer verdauliche Kost, die den Kreislauf zusätzlich belastet, sollten wir möglichst vom Speiseplan verbannen.
Sind Mini-Jetlag und großes Gähnen erst da, kann eine zusätzliche Bewegungseinheit an der frischen Luft das Wohlbefinden deutlich steigern. Das Sonnenlicht, das wir dabei tanken, kurbelt die Vitamin-D-Produktion in der Haut an und vertreibt die Tagesmüdigkeit. Bereitet das Einschlafen Probleme, können Meditation und entspannende Arzneitees mit Melisse oder Hopfen den Körper am Abend in Schlummerlaune bringen. Nachweislich beruhigende Wirkung haben zudem Heilpflanzen wie Lavendel, Passionsblume und Baldrian; entsprechende Präparate und die passende Beratung bekommen Sie in Ihrer Vor-Ort-Apotheke.
Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de
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