Zecken-Mythen im Faktencheck

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Zecken-Mythen im Faktencheck

 

Alle Jahre wieder sorgen Zecken für Schlagzeilen – und für reichlich Verwirrung. Denn um die winzigen Blutsauger ranken sich viele Mythen. Grund genug, mit hartnäckigen Irrtümern aufzuräumen.

 

Irrtum 1: Zecken gibt es nur im Wald.

Falsch. Man findet Zecken überall in der Natur – unter anderem auf Wiesen, in Uferzonen und Parkanlagen, auf Sport- und Spielplätzen. Und auch in kleinen gepflegten Gärten mit ein paar Büschen und Sträuchern ist man vor den Spinnentierchen nicht sicher. Die Parasitologin Professor Ute Mackenstedt, Universität Hohenheim, hat rund hundert Gärten im Großraum Stuttgart regelmäßig auf Zecken untersucht: In 60 Prozent der grünen Oasen konnte sie die Blutsauger nachweisen, in Einzelfällen bis zu 800 der Tierchen in einer halben Stunde. Die Expertin geht davon aus, dass sich die Ergebnisse auch auf andere Städte übertragen lassen. Und das bedeutet: Auch im eigenen Garten ist niemand vor den Parasiten sicher.

 

Irrtum 2: Zecken lassen sich von Bäumen fallen.

Stimmt nicht. Zecken leben nicht auf Bäumen, sondern halten sich – nicht höher als anderthalb Meter über dem Erdboden – in Büschen, im Unterholz und im Gras auf, bis Mensch oder Tier sie im Vorbeigehen abstreifen.

 

Irrtum 3: Zeckenstiche sind hierzulande nur im Süden gefährlich.

Eine riskantes Vorurteil! Richtig ist, dass Zecken überall in Deutschland Borreliose übertragen können. An dieser bakteriellen Infektion erkranken hierzulande jährlich schätzungsweise 60.000 bis 100.00 Menschen neu. „Die Erkrankung kann sehr unterschiedliche Symptome verursachen und wird deshalb oft lange Zeit nicht entdeckt“, sagt Professor Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin (CRM) in Düsseldorf. Borreliose kann unter anderem die Haut, das Nervensystem und die Gelenke angreifen. Im Gegensatz zur Borreliose ist die ebenfalls durch Zecken übertragbare Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) auf bestimmte Regionen unseres Landes beschränkt. Die FSME-Risikogebiete befinden sich tatsächlich vor allem im Süden Deutschlands. Bei FSME handelt es sich um eine sehr gefährliche Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute. Jährlich erkranken bei uns einige Hundert Menschen daran.

 

Irrtum 4: FSME tritt nur zu Beginn des Sommers auf.

Falsch. Zwar lässt der Name Frühsommer-Meningoenzephalitis genau das vermuten, richtig ist aber, dass die Zeckensaison bereits im März beginnt, bei milden Temperaturen sogar noch eher. Von diesem Zeitpunkt an bis in den Herbst hinein gibt es Krankheitsfälle.

 

Irrtum 5: Borreliose erkennt man an der typischen Wanderröte.

Nicht immer. Zwar entwickelt sich häufig Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich eine Rötung um die Stichstelle, die sich kreisförmig ausbreitet. Diese für Borreliose charakteristische Wanderröte tritt aber längst nicht bei jedem auf, der sich infiziert hat. Deshalb ist es wichtig, nach einem Zeckenstich auch auf andere Krankheitszeichen zu achten, etwa auf grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen.

 

Irrtum 6: Gegen Zecken kann man sich impfen lassen.

Nur teilweise richtig. Gegen FSME gibt es eine Schutzimpfung, nicht jedoch gegen die viel häufigere Borreliose.

 

Irrtum 7: Zum Schutz vor den Parasiten reicht lange Kleidung.

So nicht richtig. Zwar ist es sinnvoll, sich bei Streifzügen durch die Natur durch lange Kleidung – Socken am besten über die Hosenbeine ziehen – und feste Schuhe vor den Blutsaugern zu schützen. Zusätzlich leisten aber auch geeignete insektenabweisende Mittel gute Dienste. Diese sogenannten Repellents aus der Apotheke enthalten Inhaltsstoffe, die den Geruchssinn der Zecken stören und die Tierchen so auf Distanz halten. Gut sind Repellents, die sowohl direkt auf die Haut als auch auf Textilien aufgetragen werden können und so einen Rundumschutz gewähren. Zum Schutz vor Zecken empfiehlt sich für Menschen, die sich in FSME-Risikogebieten in der Natur aufhalten, zudem eine entsprechende Impfung.

 

Irrtum 8: Frühes Entfernen der Zecke schützt vor Krankheiten.

Nur eingeschränkt richtig. FSME-Viren können schon unmittelbar nach dem Stich übertragen werden, da sie sich im Speichel der Tiere befinden. Im Gegensatz dazu gilt für Borreliose: Je länger die Zecke saugt, umso höher ist das Infektionsrisiko. Hier kann frühes Entfernen also tatsächlich oft Schlimmeres verhindern.

 

Irrtum 9: Gut lassen sich Zecken mit Öl oder Klebstoff entfernen.

Ganz im Gegenteil! Wird die Zecke mit Öl, Alkohol, Nagellackentferner oder ähnlichen Mitteln gereizt, kann sie im Todeskampf noch mehr infektiösen Darminhalt in die Haut abgeben. Richtig ist es, den Parasiten aus der Haut herauszuziehen – am besten mit einer Pinzette, Zeckenzange oder Zeckenkarte aus der Apotheke.

 

Irrtum 10: Eine Zecke muss aus der Haut herausgedreht werden.

Falsch: Zecken haben kein Gewinde, sondern Widerhaken, die sich durch Drehen erst recht ins Gewebe graben könnten. Korrekt ist folgende Technik: Den Blutsauger möglichst nah an der Einstichstelle fassen und dann langsam herausziehen. Dabei sollte man das Tier auf keinen Fall zerquetschen und darauf achten, es immer vollständig zu entfernen.