Das Gedächtnis hört mit

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Schwerhörigkeit scheint dazu beizutragen, dass wir im Alter stärker geistig abbauen. Können Hörgeräte eine Demenzerkrankung verhindern?

Ein gutes Gehör bedeutet Lebensqualität. Das wird vielen Menschen erst dann klar, wenn diese Sinnesleistung im Alter nachlässt. Dann fällt es zunehmend schwer, Gesprächen zu folgen und mit der Umgebung in Kontakt zu treten. Forscher vermuten, dass das Hörvermögen in direktem Zusammenhang mit dem Demenzrisiko steht. Sie beobachteten, dass ältere Menschen mit Hörstörungen auffällig oft an einem fortschreitenden Gedächtnisverlust erkranken.

Rückzug mit Folgen

Wer schlecht hört, zieht sich häufig aus dem gesellschaftlichen Leben zurück. Ohne eine Hörhilfe erhält das Gehirn weniger akustische Reize, wird weniger gefordert und verliert rascher seine Leistungsfähigkeit. Diese Vermutung bestätigt auch Professor Dr. med. Christiane Völter von der Ruhr-Universität Bochum: »Die genaue Ursache ist derzeit noch unklar. Die soziale Isolierung und die fehlende Anregung durch die Umwelt könnten dazu führen, dass Menschen mit Hörstörungen geistig schneller abbauen.« Aber auch die Überlastung, die eine Hörstörung mit sich bringt, wird als Ursache angesehen. Damit Schwerhörige das verstehen, was sie hören, benötigen sie mehr geistige Reserven als Normalhörende. »Diese Reserven stehen dann für andere geistige Aufgaben nicht mehr zur Verfügung«, sagt die Expertin. Studien zeigten, dass das Demenzrisiko durch eine Schwerhörigkeit, abhängig vom Ausmaß, bis zu fünfmal höher ist.

Demenzrisiko senken

Der vermutete Zusammenhang zwischen einer Schwerhörigkeit und dem Verlust kognitiver Fähigkeiten beinhaltet aber auch eine Chance. Dr. Völter meint dazu: »Ob die Versorgung mit einem Hörgerät oder einem Implantat dazu beitragen kann, dass die Versorgten im Alter nicht oder erst später geistig abbauen, müssen langfristige Studien zeigen. Diese fehlen derzeit noch. Bekannt ist aber, dass sich durch eine solche Hörverbesserung die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessert.«

Hörgerät oder Implantat

Hörstörungen lassen sich relativ einfach aus der Welt räumen: mit Hörhilfen. Sie können den Sinnesverlust wirkungsvoll ausgleichen – je früher, desto besser. Hörgeräte sind nicht die einzige Lösung, wenn die Umwelt immer leiser wird. Eine Hörprothese nimmt den Schall über ein Mikrofon auf und stimuliert dann direkt den Hörnerv. »Mit so einem Cochlea-Implantat können auch Menschen, deren Schwerhörigkeit so weit fortgeschritten ist, dass ein Hörgerät nicht mehr hilft, wieder hören«, sagt die Medizinerin.      

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – https://leserservice.sud-verlag.de

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