Geschmack ist Kopfsache

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Damit Essen zum Genuss wird, brauchen wir mehr als unsere Geschmacksknospen. Wahre Gaumenfreuden entstehen im Gehirn. Wie kommen sie dahin?

Lauwarmer Apfelstrudel mit einem Hauch von Zimt. Was passiert eigentlich, wenn eine solche Leckerei im Mund landet? Noch nicht viel. Denn die Zunge identifiziert einen Geschmack nur in groben Zügen. Das eigentliche gustatorische Erlebnis setzt sich aus den anderen Sinneswahrnehmungen zusammen.

Geschmack, der mit dem ersten Bissen beginnt, ist schnell erklärt. Auf der Zunge sitzen viele kleine Papillen. Das sind die roten Pünktchen, die mit dem bloßen Auge zu erkennen sind. In ihnen verborgen liegen die Geschmacksknospen mit ihren Rezeptoren. Das sind sogenannte Andockstellen für Geschmacksmoleküle, die die fünf Grundgeschmacksarten erkennen: süß, salzig, sauer, bitter und umami. Nervenzellen leiten diese Information zum Gehirn weiter. In der Großhirnrinde fällt schließlich die Entscheidung: Ist dieser Geschmack gut für uns oder giftig?

Erster Geschmackseindruck

Die Zunge mit ihren Geschmacksknospen liefert einen ersten Geschmackseindruck und hat eine Art Kontrollfunktion. Süß wird meistens akzeptiert. Das Gehirn erkennt, dass es sich um eine kalorienreiche Speise handelt, die uns Energie liefert. Anders sieht es mit Saurem aus. Verdorbenes schmeckt oft sauer. Saure Milch spucken wir besser wieder aus. Ähnlich ist es mit der Bitterkeit. Die Abneigung ist angeboren und schützt uns vor Vergiftungen. Bei salzigem Geschmack reagieren wir zwiespältig. Einerseits erinnert er uns an Mineralien, die unser Organismus braucht. Andererseits wissen wir instinktiv, dass zu viel Salz schädlich ist. Und was bedeutet umami? Der Ausdruck ist japanisch und heißt übersetzt herzhaft-würzig. Dahinter verbirgt sich oft ein proteinreiches Lebensmittel. Diese fünf Geschmacksrichtungen sind erst der Anfang. Sie bescheren uns noch keine kulinarischen Höhepunkte.

Genießen mit allen Sinnen

Damit es uns mundet, kommen andere Sinneseindrücke ins Spiel. Beim Kauen und Knabbern, Lutschen und Schlürfen gelangen feinste Geruchsmoleküle in den Rachenraum in Richtung Nase. Riechzellen leiten diese Information weiter zum Gehirn. Der lauwarme Apfelstrudel mit Zimt entfaltet erst jetzt sein volles Aroma. Forscher haben herausgefunden, dass die wahre Geschmacksexplosion zu 80 Prozent durch das Riechen geschieht. Auch Temperatur und Konsistenz einer Speise spielen eine Rolle. Frisch gekochter Vanillepudding darf fluffig-weich sein, aber nicht klumpig.

Wir alle kennen die Redewendung: Das Auge isst mit. Ist ein Gericht appetitlich angerichtet oder fristet es ein liebloses Dasein auf dem Teller? Einer knallroten Erdbeere kann kaum jemand widerstehen. Essen darf sich auch gut anhören. Ein kross gebackenes Brötchen lässt das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Mehr Lebensqualität

Im Alter werden die Geschmackserlebnisse leider weniger. Das liegt daran, dass sich mit den Jahren die Sinneszellen nicht mehr so leicht regenerieren. Wir sehen schlechter, hören nicht mehr so gut, auch die Geschmackszellen lassen uns allmählich im Stich. Kinder haben etwa 9.000 Geschmacksknospen auf ihrer Zunge, ältere Menschen nur noch knapp die Hälfte. Wenn Schmeckstörungen erstmals auftreten, fragen Sie lieber Ihren Arzt. Es können Nebenwirkungen von Medikamenten sein oder Erkrankungen dahinterstecken, womöglich Demenz oder Parkinson. Der vollständige Verlust des Geschmackssinns (Ageusie) ist selten.

Genuss macht glücklich

Wenn alles nur noch fad schmeckt, büßen wir Lebensqualität ein. Das ist der Grund, warum Senioren häufig die Freude am Essen verlieren. Um Appetit zu wecken, müssen alle Sinne angesprochen werden. Für pflegende Angehörige bedeutet das: Lassen Sie ältere Menschen am Kochen teilhaben und laden Sie zum Probieren, Naschen und Schnuppern ein. Farbenfrohe Lebensmittel auf dem Teller machen Lust auf mehr. Wer genießen kann, fühlt sich besser. Essen hält nun mal Leib und Seele zusammen – den Kopf auch.

Bildnachweis: ©fredredhat – stock.adobe.com

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern