Ozapft is!

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Diabetes und Alkohol

Ozapft is!

Das Oktoberfestbier müssen Diabetiker sich nicht entgehen lassen – vorausgesetzt, sie haben den Dreh raus, sich vor Unterzuckerung zu schützen.

Vom 17. September bis 3. Oktober lockt das Oktoberfest wieder Millionen Besucher aus aller Welt nach München. Mit von der Partie ist Carina Lichte: Die 23-Jährige besucht zusammen mit Freunden so oft wie möglich die Wiesn – und das, obwohl sie an Typ-1-Diabetes leidet. Weder auf Alkohol noch auf kulinarische Genüsse muss sie verzichten. Sie hat nämlich gelernt, Insulininjektion, Nahrungsaufnahme und Alkoholkonsum so aufeinander abzustimmen, dass sie keine Unterzuckerung riskiert.

Eine Unterzuckerung ist ein medizinischer Notfall, der sich durch Zittern, Blässe und Konzentrationsschwäche ankündigt und bis zur Bewusstlosigkeit führen kann. Der Blutzuckerwert sinkt dann unter 70 mg/dl bzw. 3,89 mmol/l. „Um keine bösen Überraschungen zu erleben, gehören mein Blutzuckermessgerät und ein Vorrat an Teststreifen fest zu meiner Oktoberfest-Ausstattung“, sagt die Studentin, die seit einigen Jahren in München lebt. Sie kontrolliert regelmäßig ihren Blutzuckerspiegel, um zum Beispiel mit Traubenzucker schnell gegensteuern zu können, wenn dieser abstürzt.

Tipps für den Alkoholkonsum

Unterzuckerung tritt insbesondere nach Insulininjektion sowie nach zu viel Alkohol auf. Viele Stunden nach dem letzten Glas sinkt der Blutzuckerspiegel noch immer; Kohlenhydrate, wie sie etwa in Bier enthalten sind (1 Liter = 2,1 Broteinheiten), reichen nicht aus, dem entgegenzuwirken. Diabetiker sollten deshalb folgende Regeln beachten:

  • Vor und nach alkoholischen Getränken den Blutzuckerwert messen. Sinkt der Blutzuckerspiegel stark ab, umgehend Kohlenhydrate zuführen, beispielsweise eine große Wiesnbrezn (7 Broteinheiten).
  • Bei Bier oder Wein grundsätzlich Maß halten und sich fürs Trinken viel Zeit nehmen.
  • Auf hochprozentige Alkoholika wie Schnaps ganz verzichten.
  • Vor dem Zubettgehen den Blutzuckerspiegel noch einmal kontrollieren. Nach Alkoholkonsum sollte der Wert lieber etwas höher sein (ca. 180 mg/dl), denn dann kann man während der Nacht nicht so leicht in eine Unterzuckerung rutschen.

Manchmal kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen doch zu einer Unterzuckerung. Da auch Alkohol die Sinne trübt, ist nicht auszuschließen, dass die Warnzeichen mit einem Schwips verwechselt werden. Diabetiker sollten deshalb ihre Begleitung instruiert haben, was zu tun ist. Carina Lichte: „Meine Freunde wissen alle Bescheid und versorgen mich direkt mit Traubenzucker. Das gibt mir Sicherheit, sodass ich das Oktoberfest unbeschwert genießen kann.“

Schnellkurs Unterzuckerung

Diabetiker haben einen zu hohen Blutzuckerspiegel. Damit er sinkt, müssen sie Insulin spritzen oder Medikamente einnehmen, die die natürliche Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse ankurbeln. Mehr Insulin im Blut bewirkt, dass Leber- und Muskelzellen mehr Blutzucker (Glukose) aufnehmen – der Blutzuckerspiegel sinkt. Das Ganze kann allerdings übers Ziel hinausschießen: Der Blutzuckerspiegel geht zu tief in den Keller, es kommt zu einer Unterzuckerung, Mediziner sprechen von Hypoglykämie.

Einen solchen Absturz verhindert normalerweise das Hormon Glukagon. Es sorgt dafür, dass die Leber ihre Glukosespeicher öffnet, woraufhin der Blutzuckerspiegel wieder ansteigt. Das Problem bei Diabetikern: Schwimmt viel Insulin im Blut, zum Beispiel nachdem das Hormon gespritzt wurde, setzt die Leber keine Glukose frei, selbst wenn der Blutzuckerspiegel niedrig ist. Mit anderen Worten: Der natürliche Mechanismus, mit dem der Körper sich vor Unterzuckerung schützt, versagt – und dies übrigens auch, wenn auf der Wiesn zu viel Alkohol im Spiel ist.

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