Babyblues: Nicht nur das pure Glück
drucken vorlesenFüttern, wickeln, füttern, wickeln – und immer wieder dieses Weinen, selbst mitten in der Nacht. Die ersten Wochen nach der Geburt bringen junge Mütter nicht selten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Der Babyblues ist die natürliche Reaktion. Wenn er nicht von selbst verfliegt, ist Hilfe nötig. Für Mutter und Kind!
Neun Monate war sie „guter Hoffnung“, hatte liebevoll das Babyzimmer eingerichtet und sich zusammen mit ihrem Partner auf die Geburt vorbereitet. Die freudige Erwartung war bis auf ein Maximum gesteigert. Voller Vorfreude auf ein Leben mit Kind wie aus dem Bilderbuch. Doch statt Bilderbuch kam das große Chaos: Schlaflose Nächte. Ränder unter den Augen. Ein Nervenkostüm dünn wie Seidenstrümpfe.
Schätzungen zufolge kennt jede zweite Frau die Achterbahnfahrt der Gefühle nach der Geburt: Plötzliche Heulattacken und eine
zuvor ungekannte Gereiztheit. In den ersten Tagen nach der Geburt ist der Babyblues eine natürliche Reaktion. Die Ursache wird in einer Umstellung der Hormone vermutet. Manchmal erschrecken sich die Mütter dann über sich selbst: Wie kann ich so böse werden auf dieses zarte Etwas in meinen Armen? Doch nach etwa zwei Wochen ist das tiefste Tal durchschritten. Die Schlafphasen in den Nächten werden zwar erst einmal noch nicht länger. Doch die junge Mutter nimmt die Herausforderung an. Etwas mehr Chaos im Haushalt ist der neue Normalzustand. Wenn das Baby tagsüber friedlich schlummert, bringt das Entlastung für durchwachte Nächte.
Wenn die Traurigkeit allerdings auch im zweiten Lebensmonat des Kindes nicht weichen will, sollten die Warnglocken läuten: 15 von 100 Frauen entwickeln eine sogenannte postnatale Depression, sieben von ihnen sogar in stärkerer Ausprägung. Typische Anzeichen für diese besondere Form der Depression sind neben anderen eine tiefe Traurigkeit, Gleichgültigkeit gegenüber Ereignissen, die eigentlich Freude bereiten, Selbstzweifel und Ängstlichkeit, Appetitlosigkeit, Konzentrationsstörungen und Gedanken an eine Selbstverletzung oder Verletzung des Babys.
Wenn Hilfe unerreichbar scheint
Das gefährliche an einer Depression: Für die Betroffenen selbst ist sie am wenigsten erkennbar. Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit lassen jede Hilfe von vornherein vergeblich erscheinen. „Depressionen treten häufig auf bei Menschen, die in gesundem Zustand leistungsorientiert und für andere da sind“, sagt der Psychiater Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Leiter der Psychiatrischen Klinik in Leipzig. Arzt, Hebamme, Angehörige und Freunde sollten deshalb genauer „hinter die Fassade“ der möglicherweise aufgesetzt guten Laune schauen.
„Psychische Erkrankungen der Mutter haben weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder“, sagt Professor Dr. Kerstin Weidner, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus in Dresden. Bereits im Mutterleib prägt das Wohlbefinden der Mutter die Art und Weise, wie Kinder später auf Stress reagieren. Wenn die Kinder dann mit Schlafproblemen oder übermäßigem Schreien die Mutter an den Rand der Verzweiflung bringen, setzt sich eine Abwärtsspirale in Gang, in der die kindlichen Probleme negativ auf die seelische Verfassung der Mutter zurückwirken. Was in den ersten Lebenswochen möglicherweise mit leichten Symptomen beginnt, kann langfristig Auswirkungen auf die Interaktion und Bindung zwischen Mutter und Kind haben. Deshalb sollten Mutter und Kind gemeinsam behandelt werden.
Rat und Hilfe
Wer bei sich selbst Symptome einer beginnenden Wochenbettdepression zu erkennen glaubt, sollte unbedingt einen Arzt oder eine Hebamme zu Rate ziehen. Möglicherweise erkennt die betroffene Frau die Symptome selbst nicht, dann sollte der Partner tätig werden. In vielen Städten gibt es auch spezielle Mutter-Kind-Ambulanzen an Krankenhäusern.
Quelle: www.ratgebergesund.de
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