Alle Jahre wieder

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Tun wir etwas immer wieder, und noch dazu in der Gemeinschaft mit anderen, handelt es sich dabei um viel mehr als nur Routine. Rituale geben uns Halt und Sicherheit – auch im Advent, und vor allem in Zeiten des Umbruchs.

An Nikolaus stellen wir die Stiefel raus, an den Dezembersonntagen entzünden wir jeweils eine weitere Kerze auf dem Adventskranz. Wohl kaum ein anderes Fest ist mit so vielen Traditionen verbunden wie Weihnachten; von gängigen Riten wie dem Aufstellen eines Christbaums bis hin zu ganz individuell gewachsenen Gewohnheiten rund ums Heiligabend-Essen, um den Ablauf der Bescherung und die familiären Verpflichtungen. An solchen Festivitäten, die zum allgemeinen Kulturgut gehören, teilzuhaben, vermittelt uns ein Gefühl von Heimat, Identität und Zugehörigkeit.

Hilfreich für Groß und Klein

Laut Soziologen und Psychologen dienen Rituale als Strukturgeber. Sie bieten uns Orientierung, und das schon ab den frühen Kindertagen: Oft »bestehen« bereits die Kleinsten darauf, dass das abendliche Zubettbringen stets nach dem gleichen Schema erfolgt. Weichen Eltern davon ab, hapert es häufig mit dem Einschlummern. Auch im Erwachsenenalter helfen uns Gewohnheiten beim Stressabbau: So bereitet uns etwa die morgendliche Tasse Kaffee, für viele ein »Muss« zum Tagesstart, mental auf die folgenden Aufgaben und Termine vor. Für Bühnenmenschen wie Tänzer, Schauspieler oder Musiker gehören Rituale ebenfalls dazu: Um Lampenfieber und Co. zu dämpfen, setzt ein großer Teil von ihnen auf wiederkehrende Handlungen.

Nähe trotz Entfernung

Gerade jetzt, in einer Zeit voller Herausforderungen und Unwägbarkeiten, können uns Traditionen eine sinnvolle Stütze sein. Sie stehen für Verlässlichkeit und geben Geborgenheit, erklärt die amerikanische Psychologin und Ritualforscherin Dr. Barbara Fiese: Rituale, so die Wissenschaftlerin, definieren, wer wir sind – jetzt und zukünftig. Sie sind eine Art Anker, die uns erden und zudem mit anderen verbinden: Die gleichen Bräuche zu pflegen, macht uns zu einer Gruppe, einer Gemeinschaft – sowohl innerhalb der Gesellschaft als auch im Kreis der Familie. Selbst wenn wir getrennt sind von unseren Lieben, etwa während eines Auslands- oder Krankenhausaufenthalts oder gar durch einen Todesfall: Zu wissen, wir führen das weiter, was wir lange Zeit zusammen getan haben, sorgt für eine tröstliche Verbindung und emotionale Nähe. 

Haben wir also insbesondere in diesem krisengeschüttelten Dezember das Bedürfnis, wie »immer« den Advent und das Weihnachtsfest zu begehen, sollten wir dem Impuls nachgeben und uns an der Sicherheit des Vertrauten erfreuen. Nächstes Jahr haben wir vielleicht mehr Appetit auf Neues – und probieren statt der traditionellen Gans mal veganen Kartoffelsalat … 

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

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