Brett vorm Kopf? Ball in die Hand!

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Wenn die Nerven blank liegen, warten Sie nicht, bis Ihnen der Kragen platzt. Kneten Sie lieber einen Ball.

Das kennen wir alle: Ein wichtiges Gespräch steht an. Wir sind perfekt vorbereitet und haben uns die passenden Worte gut zurechtgelegt. Und dann das: Black-out! Der Kopf scheint wie leer gefegt zu sein. Stress pur! Was nun? Fingernägel kauen, am Hemdsärmel nesteln, auf die Lippe beißen? Es gibt einen einfachen Trick, der viel besser funktioniert: Einen Ball in die Hand nehmen, ihn kräftig kneten, knautschen und quetschen. Eine winzige, wenn auch enorm wichtige Feinheit gibt es dabei allerdings zu beachten.

Entspannung mit links 

Wissenschaftler der Technischen Universität München haben herausgefunden, dass sich beim festen Drücken eines Anti-Stress-Balls die Blockaden im Gehirn lösen und Gedanken wieder frei fließen können. Offenbar ist es jedoch nicht egal, welche Hand wir dafür benutzen. »Es muss die linke Hand sein«, betont der Psychologe Professor Jürgen Beckmann. Er und sein Team wissen inzwischen, woran das liegt. Sie haben Hirnstrommessungen ausgewertet und dabei zeigte sich: Während die linke Hand versucht, den Knautschball wie eine Zitrone auszupressen, entspannen sich jene Hirnregionen, die für logisches Denken zuständig sind. Und diese liegen in der linken Hirnhälfte. Dass beim linkshändigen Faustballen nicht die rechte Seite aktiviert wird, ist erstaunlich, denn das periphere Nervensystem im Körper verläuft über Kreuz. Im EEG aber wird deutlich, dass das Brett vorm Kopf verschwindet, wenn die linke Hand den Ball bearbeitet. Dann lassen die angstbedingten, hemmenden Einflüsse in der linken Hemisphäre nach. 

Balltrick löst Blockaden

Der Balltrick löst sozusagen eine Art Reset-Mechanismus im Gehirn aus. »Das heißt, dass sich im Gehirn eine gewisse Entspannung  einstellt«, erklärt  Dr. Vanessa Wergin, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Sport- und Gesundheitspsychologie an der TU München. Bei Sportlern übrigens zeigt sich das Phänomen sehr eindrucksvoll: Rechtshändige Tennis-Asse massieren den Ball – wie beiläufig – in ihrer linken Faust, ehe sie ihn hoch in die Luft werfen und es zum Aufschlag kommt. Mit dieser Taktik können sie verhindern, dass im alles entscheidenden Match der Ball im Aus landet. Bei Profi-Golfern wiederum lässt sich häufig beobachten: In der Endrunde verfehlen sie das Loch, obwohl sie nur Zentimeter davon entfernt stehen. »Choking under pressure«, zu Deutsch »Versagen unter Druck«, nennt sich dieses Phänomen, wenn Bewegungsabläufe, die tausendfach geübt und bis zur Perfektion einstudiert wurden, plötzlich nicht mehr abrufbar sind. 

Gegen die Wut

In der Aufregung, etwas besonders gut machen zu müssen, blockiert sich das Gehirn offenbar selbst. Auch viele Künstler kennen dieses Gefühl und leiden kurz vor ihren Auftritten unter Lampenfieber. Und wir alle wissen, wie es sich anfühlt, wenn wir eine einmalige Chance nutzen und uns beweisen möchten: Ob es um mehr Gehalt vom Chef geht, Singen vor Publikum oder um ein bedeutendes Therapiegespräch beim Arzt. Um in solchen und ähnlichen Fällen die Nerven zu behalten, sollten wir einen sogenannten Anti-Stress-Ball ordentlich durchkneten – mit links versteht sich. Ob für Linkshänder die rechte Hand zur Entspannung besser geeignet ist, ist leider noch nicht erforscht.

Übrigens: Anti-Stress-Bälle eignen sich auch gut als Finger- und Handtrainer, etwa zur Rehabilitation nach einem Knochenbruch oder zur Vorbeugung von Arthrose. Hand-Pressbälle gibt es in verschiedenen Größen und Härtegraden, um gezielt Muskeln zu trainieren und die Gelenke geschmeidig zu halten. 

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

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