Der Puzzle-Effekt

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Stück für Stück zum Glück – und zum besseren Gedächtnis. Eine Studie bestätigt: Wer regelmäßig puzzelt, beugt sogar Demenz vor.

Erst die vier Ecken, dann die Randteile. Puzzle-Profis wissen das und legen immer zuerst den Rahmen. Schlaue Menschen! Und sie bleiben in der Regel geistig fit bis ins hohe Alter. Aus einer Untersuchung der Universität Ulm geht nämlich hervor: Puzzeln stärkt sowohl das Kurz- als auch das Langzeitgedächtnis. Nachdem die Forscher 50 Jahre lang insgesamt 100 puzzelnde und nicht-puzzelnde Probanden begleitet haben, kommt der Neurowissenschaftler Dr. Patrick Fissler nun zu dem Ergebnis: »Vor allem, wenn Puzzeln langfristig und regelmäßig ausgeübt wird, könnte es einen Schutzfaktor gegen geistigen Abbau im Alter darstellen.« Ganz gleich, welches Motiv Sie legen – ob idyllisches Bergpanorama, farbenfrohes Korallenriff oder Fachwerkhaus-Romantik im Elsass –, auf die geistige Gesundheit und unser seelisches Wohlbefinden hat das Geduldspiel einen überaus positiven Einfluss. Experten sprechen vom »Puzzle-Effekt«.

Konzentrierte Kreativität

Seit Generationen fügen wir Puzzleteile aneinander und schaffen so Stück für Stück die schönsten Bilder. Nur ein angenehmer Zeitvertreib? Keinesfalls. Puzzeln lässt unsere grauen Zellen tanzen. Beim Suchen und Finden von Teilen, die perfekt zueinanderpassen, »trainieren wir viele kognitive Fähigkeiten gleichzeitig, etwa das räumliche Denken und die visuelle Vorstellungskraft«, erklärt Dr. Patrick Fissler. Während wir die Puzzleteile studieren und intuitiv zusammenfügen, haben schließlich beide Hirnhälften ihre Finger im Spiel. Nicht nur Konzentration ist gefragt, auch unsere Kreativität blüht auf. Puzzeln ist also Gehirnjogging auf höchstem Niveau. Es lässt neue neuronale Netzwerke entstehen. Das heißt, in unserem Oberstübchen herrscht reges Treiben. Synapsen feuern und verbinden sich, wodurch sich die Konzentrations- und Merkfähigkeit verbessern. Puzzeln gegen Demenz – es kann so einfach sein. Schließlich passiert dabei auf der mentalen Ebene noch eine ganze Menge mehr.

Feinmotorischer Flow

Ein Puzzle mit 500, 1.000 oder noch mehr Teilen legt sich nicht zwischen Tür und Angel. Es braucht Zeit und Raum. Der Küchentisch, der drei Mal täglich gedeckt wird, ist dafür denkbar ungeeignet. Suchen Sie sich ein ungestörtes und möglichst helles Plätzchen, um in Ruhe die einzelnen Puzzlestücke zu analysieren und nach Farben zu sortieren. Lassen Sie sich dabei vom Motiv auf der Packung inspirieren. Puzzeln ist ein kreativer Prozess, der uns in einen meditativen Zustand versetzt. Professor Dr. Iris-Tatjana Kolossa von der Uni Ulm hält Puzzeln daher für eine geeignete Methode zur Stressbewältigung. »Interessant ist, dass vermutlich die fokussierte Aufmerksamkeit beim Puzzeln ideal zum Abschalten ist. Viele Menschen entspannen vor allem dadurch, dass sie beim Puzzeln alles um sich herum vergessen und sich voll auf das Puzzeln konzentrieren.« Daher gehen die Wissenschaftler davon aus, dass regelmäßiges, relaxtes Puzzeln – vereinfacht ausgedrückt – das Gehirn vor Schäden schützt. Unter Stress neigen wir zur Vergesslichkeit. Das entspannte Puzzlespiel wiederum bringt uns zurück in mentale Balance. Die Kombination aus geistigem Anspruch, viele kleine Einzelteile feinmotorisch zu einem großen Bild zu legen, und der flowartigen Verfassung ist laut Studie entscheidend für geistige Fitness im Alter – und das ist es, was den Puzzle-Effekt ausmacht.

Das erste Puzzle entstand im Jahr 1766 in England. Angefertigt hatte es der Kartenhändler und Kupferstecher John Spilsbury aus einer Landkarte Großbritanniens, die er auf Holz geklebt hatte. Da die ersten Puzzles per Hand gesägt wurden, hieß das Spiel zuerst »Laubsägen-Rätsel«.

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

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