Gestärkt in die Operation
drucken vorlesenWeniger OP-Komplikationen und anschließend schnell wieder auf die Beine kommen – das ist das Ziel von Prähabilitation. Das Konzept: Durch gezielte Vorsorge und spezielles Körpertraining werden Patienten bereits vor einem geplanten Eingriff ganzheitlich gestärkt.
Rund 16 Millionen chirurgische Eingriffe werden pro Jahr in deutschen Kliniken durchgeführt. Überproportional oft müssen alte Menschen und Patienten mit schwerwiegenden Vorerkrankungen operiert werden. Das Problem: Sie befinden sich häufig in einer schlechten Verfassung; viele betagte Patienten sind schwach und gebrechlich. Frailty-Syndrom nennen Mediziner die Kombination aus geringer körperlicher Belastbarkeit und verminderter Widerstandsfähigkeit gegenüber kleinen Veränderungen oder Stressereignissen. Kaum jemanden wird es verwundern, dass es bei gebrechlichen und vorerkrankten Menschen während und nach Operationen häufiger zu Komplikationen kommt, als bei jüngeren und insgesamt fitten Zeitgenossen. Und anschließend brauchen betagte Patienten mitunter sehr lang, um wieder zu Kräften zu kommen.
Risikofaktoren senken
Hier setzt die Prähabilitation – eine Wortschöpfung aus präoperativ und Rehabilitation – an. Ihr Ziel ist es, das Komplikationsrisiko zu senken und dafür zu sorgen, dass sich frisch Operierte schneller erholen. Konkret geht es darum, den Einzelnen bereits im Vorfeld eines chirurgischen Eingriffs körperlich zu stärken und falls erforderlich auch psychisch zu stabilisieren, damit er mit den damit verbundenen Strapazen besser fertig wird. Voraussetzung für Prähabilitations-Maßnahmen ist natürlich, dass nicht sofort operiert werden muss.
In der Orthopädie wird das Konzept bereits seit einiger Zeit erfolgreich praktiziert, beispielsweise bei Patienten, die auf ein neues Knie oder eine neue Hüfte angewiesen sind. Durch ein mehrwöchiges Fitness- und Aufbautraining werden sie gezielt auf den Eingriff vorbereitet, damit sie sich danach möglichst rasch wieder schmerzfrei bewegen können.
Reserven auffüllen
Auch in die Krebstherapie hat Prähabilitation mittlerweile Einzug gehalten. Viele Patienten sind mangelernährt, sodass ihnen für Operation und anschließende Heilung wichtige Ressourcen fehlen. Dann kommt es im Vorfeld darauf an, diese Reserven wieder aufzufüllen, etwa durch eine geeignete Ernährungstherapie. Physiotherapie kann dabei helfen, die Konstitution von Krebspatienten vor kräftezehrenden Eingriffen und Therapien zu verbessern.
Statistische Daten über die positiven Auswirkungen von Prähabilitation sind bislang spärlich. Doch das soll sich ändern: So will beispielsweise die bundesweite Langzeitstudie »PRÄP-GO« herausfinden, inwiefern ein mehrwöchiges OP-Vorbereitungsprogramm – mit Krankengymnastik, Ergotherapie und Co. – dazu beitragen kann, Selbstständigkeit und Lebensqualität über 70-jähriger Patienten nach chirurgischen Eingriffen zu erhalten. Mit ersten Studienergebnissen ist 2023 zu rechnen.
Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – https://leserservice.sud-verlag.de
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