Linkshänder ticken anders

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Was haben Napoleon, Marilyn Monroe und Barack Obama gemeinsam? Sie gehören zu der kleinen Gruppe der Menschheit, die bevorzugt mit der linken Hand schreibt, greift, isst und noch viel mehr macht. Warum sind Linkshänder in der Unterzahl und wie kommt es überhaupt zu dieser Ausprägung? Hier geben wir Ihnen 4 interessante Fakten an die Hand.

Nur jeder Zehnte ist Linkshänder.

Klar war immer schon: Es gibt deutlich weniger Linkshänder als Rechtshänder. Griffige Zahlen dazu liegen allerdings erst jetzt mit einer weltweit größten Metaanalyse vor, in der Daten von mehr als zwei Millionen Menschen erfasst wurden. Demnach liegt die Linkshänder-Quote bei nur 10,6 Prozent. Weitere neun Prozent, das hat das internationale Forscherteam ebenfalls herausgefunden, sind beidhändig gleich geschickt. Sie haben eine »Ambidextrie«, also keine eindeutige oder nur leichte Vorliebe für eine ihrer beiden Hände. Je nach Tätigkeit benutzen sie lieber mal die linke, mal die rechte Hand. Wer mit links schreibt, fängt beispielsweise reflexartig mit rechts einen Ball oder kann mit beiden Händen gleich gut Tennis spielen. Je komplizierter die Aufgabe, desto deutlicher tritt bei den meisten dann doch eine »Haupthand« zum Vorschein. 

Wer mit links schreibt, denkt in Bildern.

Je nach Händigkeit ist unser Gehirn mit seinen zwei Hälften anders organisiert. Denn in Sachen Motorik verlaufen unsere »Kanäle« über Kreuz. Bei Linkshändern dominiert also die rechte Hirnhälfte, die für Kreativität, Intuition und Wahrnehmung des großen Ganzen zuständig ist. Daher sagt man ihnen mehr Fantasie, Feingefühl und Empathie nach, wodurch sie eher emotional statt rational denken. Rechtshänder hingegen, bei denen die linke Hemisphäre stärker ausgeprägt ist, gelten vielmehr als Praktiker, die logisch an die Sache herangehen und sich dabei gut auf Details konzentrieren können. Grob eingeteilt lässt sich wohl sagen: Rechtshänder sind die Macher, die Linkshänder wiederum die Denker. 

Händigkeit ist (k)eine Laune der Natur.

Linkshändigkeit, der Fachbegriff lautet übrigens Sinistralität, ist mehr als eine Angewohnheit. Die Präferenz, hauptsächlich diese eine Hand für Tätigkeiten zu benutzen, ist zum Teil genetisch bedingt – aber nur zu 25 Prozent. Eine weitaus größere Rolle sollen gewisse Umweltfaktoren spielen, und zwar schon im ganz frühen Leben. Es gibt Hinweise, dass der Hormonhaushalt der Mutter mitverantwortlich ist, aber auch die Jahreszeit, in die wir hineingeboren werden. Wissenschaftler vermuten zudem einen Zusammenhang mit dem Geburtsgewicht und dem Geschlecht. So sollen leichte Babys und Jungen eher zur Linkshändigkeit neigen als schwere Säuglinge und Mädchen. Kurios: In Kulturen, in denen Linkshänder akzeptierter sind als anderswo, kommt diese »Besonderheit« häufiger vor als da, wo sie noch immer verpönt ist. 

Linkshänder umzuschulen ist schädlich.

Bis in die 1980er-Jahre wurden viele Kinder umgeschult, mit der rechten Hand zu schreiben – entgegen ihrer Natur. Das hatte gemeinhin religiöse Gründe: Links verstand man als die unnütze, wenn nicht sogar »teuflische Seite«. Nicht umsonst kennen wir noch immer Ausdrücke wie »linkisch« oder »zwei linke Hände haben«. Glücklicherweise bezeichnen Gesundheitswissenschaftler Linkshändigkeit heute als »eine Normvariante der biologischen Entwicklung, die im Alltags- und Arbeitsleben zu berücksichtigen ist«. Eine Umschulung gilt sogar inzwischen als Körperverletzung. Sprach-, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen können die Folgen sein, ebenso wie eine Rechts-Links-Schwäche und Stottern. Auch Minderwertigkeitsgefühle, Stress und Unsicherheiten können damit einhergehen.

Dass es mittlerweile Linkshänder-Beratungsstellen und Linkshänder-Läden gibt, zeigt: Es besteht immer mehr Akzeptanz für Menschen, die das Schreiberherz auf dem linken Fleck tragen. 

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

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