Über Nacht ergraut?

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Von heute auf morgen ein weißer Schopf – ist das möglich? Mythen, die erklären wollen, wie und warum wir graue Strähnen bekommen, gibt es viele. Welche davon sind wahr und welche sind an den Haaren herbeigezogen?

Graue Schläfen – ein Zeichen des Alters.

Leider ja. Für unsere Haarfarbe sind pigmentbildende Zellen verantwortlich, so­genannte Melanozyten. Sie befinden sich in den Haarwurzeln und reichen den Farbstoff Melanin an den Haarschaft weiter – aber nicht ewig. Mit den Jahren verlangsamt sich die Farbproduktion, bis die Zellen diese Arbeit ganz einstellen und schließlich absterben. Dieser natürliche Alterungsprozess findet nicht von heute auf morgen statt und betrifft nicht alle Haare gleichzeitig. Meist sind zuerst die Schläfen und die Bartregion betroffen, weil die Haare dort eine besonders ­kurze Lebensdauer haben. Dort, wo weiße, farblose Haare nachwachsen, mischen sie sich mit dunklen Strähnen. So kommt es, dass der Schopf ein graues Gesamtbild abgibt.

Stress führt zum Ergrauen.

Da ist etwas dran. Bei körperlichen, seelischen oder auch äußeren Belastungen entsteht oxidativer Stress, bei dem unser Organismus viele zellschädigende freie Radikale produziert. Je älter wir werden, desto schlechter kann unser Organismus damit umgehen. Vor allem die empfindlichen Pigmentzellen können diesen Angriffen kaum etwas entgegensetzen. Die Folge: Sie sterben verfrüht ab. Insofern sind Ärger oder Kummer an grauen Haaren tatsächlich nicht ganz unschuldig.

Ein Schock führt zum Ergrauen über Nacht.

Zahlreiche Anekdoten berichten von diesem Schock im Morgengrauen. Bekanntestes historisches Beispiel ist Marie Antoinette, die über Nacht weißes Haar bekommen hatte, bevor sie aufs Schafott ging. Geschichten wie diese gehören jedoch ins Reich der Ammenmärchen. Der einzige Grund, warum es zum plötzlichen Farbverlust kommen kann, ist eine Autoimmunerkrankung. Beim kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata) fallen typischerweise alle pigmentierten Haare auf einmal aus. Nur die unpigmentierten, weißen Haare bleiben stehen.

Graues Haar – das liegt an den Genen.

Genau! Das Gen, das fürs Ergrauen verantwortlich ist, heißt IRF4. Es bestimmt die Haut-, aber auch die Haarfarbe eines Menschen und beeinflusst die Melaninproduktion. Um zu erfahren, ob Sie das Gen des Silberschopfes in sich tragen, müssen Sie keinen DNA-Test machen. Ein Blick auf die Verwandtschaft genügt: Wie die Köpfe der letzten drei Generationen aussahen, verrät etwas über die eigene haarige Zukunft.

Durch Sonne bekommen graue Haare einen fiesen Gelbstich.

Stimmt. Zwar ist die Sonne nicht die Hauptschuldige, sondern vielmehr das schädliche UV-Licht, das ebenso wie Abgase, Lärm und andere Umweltbelastungen zu oxidativem Stress führen kann. Die damit verbundenen freien Radikale beschleunigen den Abbau von Aminosäuren, die normalerweise das Haar vor schädlichen Einflüssen schützen sollen. Außerdem macht die – im Alter – geringer werdende Konzentration an Melanin das Haar anfällig für den Gilb. Silber-Shampoos aus Ihrer Apotheke enthalten Pigmente, die vor den Verfärbungen schützen. Gerade im Sommer eine echte Wunderwaffe gegen den fiesen Gelbstich.

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

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