Die Wechseljahre sind kein Tabu – Stark und fit durch die Lebensmitte

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In einer Gesellschaft, die auf Jugendlichkeit setzt, können das Älterwerden und damit auch die Wechseljahre zum Problem werden. Frauen profitieren, wenn sie sich dieser Lebensphase offen stellen und eventuelle Beschwerden nicht tabuisieren.

Ärzte und Apotheker erleben es immer wieder: Viele Frauen sprechen heute nicht mehr offen über ihre Wechseljahre, beispielsweise umschreiben sie ihre Beschwerden, statt sie klar zu benennen. Selbst Frauen, die stark unter Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen leiden, wollen zunächst nicht über eine Therapie nachdenken. Offenbar stehen die Wechseljahre für ein noch weitaus größeres Schreckgespenst, nämlich für das Alter. Und in einer Gesellschaft, die nicht altern will, werden körperliche und seelische Veränderungen in der Lebensmitte oft ausgeblendet.

Für Sprachwissenschaftler Dr. Hartmut Schröder von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder gehört es zu Tabus, dass selbst ihre Begründung tabu ist. Wird über ein Tabu gesprochen, verwenden wir oft Umschreibungen. Auf diese Weise ist vermutlich auch einmal der Begriff „Wechseljahre“ entstanden. Über Körperfunktionen zu reden – das ist in unserer Gesellschaft generell verpönt. Wenn dann noch etwas „nicht mehr funktioniert“, „ausbleibt“ oder „sich verschlechtert“, schweigen wir erst recht. Wie eben in puncto Wechseljahre: Die Eisprünge bleiben aus, die Produktion insbesondere der Hormone Progesteron und Östrogen lässt nach, das Ende der fruchtbaren Jahre rückt näher.

Midlife-Crisis jenseits der 40

Die Wechseljahre führen jeder Frau vor Augen, dass es körperliche Veränderungen gibt, die sich nicht beeinflussen lassen, sondern die akzeptiert werden müssen: Und das, wo wir doch heute so stolz darauf sind, fitter und mobiler zu sein als die Eltern und Großeltern in unserem Alter. Es gelingt uns immer besser, möglichst lange jung zu wirken. Dass die biologische Uhr unaufhaltsam weitertickt, passt dabei nicht ins Konzept. Für immer jung, für immer schön – nur die Wechseljahre lassen sich nicht austricksen. Wenn der natürliche Bestand an Eizellen zur Neige geht, setzt das hormonelle Chaos im Körper ein – ob wir wollen oder nicht. Vielleicht sind deshalb die Wechseljahre so häufig tabu. Sie sind ein natürlicher Schritt, der sich nicht „wegmogeln“ oder negieren lässt. „Die Wechseljahre sind der Übergang zwischen heiß und kalt (im doppelten Sinne, wenn ich an die Hitzewellen denke). Zwischen Jung und Alt. Zwischen Fruchtbarkeit und Sterilität. Zwischen Blüte und Kompost. Kurz gesagt: Das Verfallsdatum ist abgelaufen. Mit viel Mühe vielleicht noch nicht ganz, aber zumindest fast“, schreibt Danielle Rohrer in ihrem Buch „Wechseljahre einer Blondine“.

Wirksame Hilfe suchen

Wer das eigene Altern und damit auch die Wechseljahre innerlich ablehnt, lehnt mitunter auch eine Therapie der Beschwerden ab. „Um herauszufinden, ob die Patientinnen Probleme haben, muss ich oft geradezu nachbohren“, sagt Dr. Reinhild Georgieff, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. „Viele meinen, die Beschwerden gehören zu ihrer aktuellen Lebensphase dazu und bleiben lieber ohne eine Therapie. Dann weise ich nachdrücklich darauf hin, dass die Frau da nicht ‚durchmuss‘, sondern dass es Hilfe gibt.“

Bei ausgeprägten Beschwerden, die die Lebensqualität massiv beeinträchtigen, können Frauen von einer Hormontherapie profitieren. Verschreibungspflichtige Hormonpräparate z. B. als Pflaster oder Gel, lassen sich so individuell und gering dosieren, dass der Nutzen fürs Wohlbefinden größer sein kann als gesundheitliche Risiken.

Pflanzliche Alternativen

Leichtere Beschwerden können oft ohne Hormonbehandlung gelindert werden. In der Apotheke gibt es wirksame pflanzliche Alternativen – am besten sprechen Sie Ihren Arzt und Apotheker darauf an. Um sowohl körperliche Beschwerden wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Schlaflosigkeit als auch Begleiterscheinungen der Wechseljahre wie nervöse Unruhe und Stimmungsschwankungen oder Reizbarkeit zu lindern, haben sich beispielsweise die Heilpflanzen Traubensilberkerze und Johanniskraut bewährt. Auch sibirischer Rhabarber zeigt bei Wechseljahrsbeschwerden Wirkung. Beruhigend und schlaffördernd sind Heilpflanzen wie Baldrian, Melisse, Hopfen und Passionsblume; bei starkem Schwitzen kann Salbei helfen. 

Bleiben Sie in Bewegung

Gerade jetzt ist es wichtig, regelmäßig Sport zu treiben, Bewegung hat zahlreiche positive Effekte.

  • Sport wirkt gegen Hitzewallungen & Schlafstörungen: Bewegung kann helfen, körpereigene Reaktionen und Prozesse neu zu regulieren. Schwitzen mit anschließendem Abkühlen kann z.B. die Temperaturregulation trainieren und so Hitzewallungen entgegenwirken. Und wer sich müde sportelt, schläft besser ein und durch.
  • Sport wirkt gegen Stress: Hektik und ständige Anspannung fördern die Ausschüttung von Stresshormonen, die den Köper in Alarmbereitschaft versetzen. Bewegung hingegen unterstützt den Abbau der Stresshormone – man entspannt sich besser.
  • Sport nützt der Figur: Jede sportliche Aktivität verbraucht Kalorien, strafft das Gewebe, stärkt die Muskeln und bringt Sauerstoff in jede Zelle. Viele Frauen nehmen in den Wechseljahren zu – Sport ist ein gutes Gegenmittel.
  • Sport stärkt die Knochen: Werden die Knochen durch körperliche Belastung gefordert, erhöht das ihre Stabilität und wirkt Osteoporose entgegen.

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern

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